Als online-Shop gibt es ihn schon seit über 13 Jahren, seit Ende November 2021 jetzt auch als dauerhaft eingerichtetes Ladenlokal in der Altstadt von Castrop-Rauxel. Die Rede ist vom justizvollzugseigenen „Knastaden“. Unter www.knastladen.de werden mehr als 1.500 Artikel angeboten, die von Inhaftierten aus Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen hergestellt wurden. Die Auswahl erstreckt sich von Schmuck und Dekoartikeln für Haus und Garten über Taschen, Schuhe, Vogelhäuser und Nistkästen bis hin zu Holzkohlegrills, die im Laufe der Jahre immer weiter professionalisiert wurden.
Mit diesem Angebot für jedermann soll in erster Linie deutlich gemacht werden, dass Zeiten von „Tütenkleben bei Wasser und Brot“ im Justizvollzug endgültig vorbei sind. Resozialisierung sieht anders aus. Mit einem sinnvollen Arbeitseinsatz sollen Inhaftierte Fähigkeiten erlangen und Strukturen erlernen, die ihnen den Weg in eine straffreie Zukunft aufzeigen. Eine Erwerbstätigkeit sichert den Lebensunterhalt und ist wichtige Grundlage für einen Wiedereinstieg in die Gesellschaft. Lohn und Brot schützen vor einem Rückfall.
Trotzdem läuft die Sache zurzeit nicht rund. Der Kontakt mit Menschen von draußen, mit Kunden, von denen einige sogar schon zu regelrechten Fans des Knastladens geworden sind, ist durch die Corona-Pandemie inzwischen völlig zum Erliegen gekommen. „Uns fehlen die Begegnungen auf Messen wie der Creativa, bei Tagen der offenen Tür oder ganz besonders auch auf dem Weihnachtsmarkt“, bedauert der Leiter der JVA Julius Wandelt. Schon zum zweiten Mal musste auch der inzwischen Tradition gewordene Weihnachtsmarkt der JVA Castrop-Rauxel abgesagt werden. Die Besucherdichte bei zuletzt knapp 4.000 Menschen, die den Markt auf dem JVA-Gelände innerhalb eines Nachmittages besuchten, wäre zu hoch gewesen. Man vermisst die Begegnungen, auch weil die Inhaftierten, die dabei beraten und verkaufen, regelmäßig aus erster Hand Rückmeldung zu den Produkten bekommen. Oft erfahren sie Lob und Anerkennung für Leistung und Kreativität. Das ist so wertvoll, das kann man nicht ersetzen.
Das Ladenlokal für Knastladen in der Altstadt von Castrop-Rauxel ist einmalig in Nordrhein-Westfalen, wahrscheinlich sogar weit über die Landesgrenzen hinaus. Die feste Anmietung wurde möglich gemacht im Rahmen eines Förderprogramms des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW mit dem Ziel, Innenstädte in NRW zu beleben. Städte und Gemeinden sollen in die Lage versetzt werden, den Coronabedingten Folgen in den Innenstädten aktives Handeln entgegen zu setzen. Dazu gehört beispielsweise, leer stehende Geschäftslokale für eine bestimmte Zeit anzumieten und für eine attraktive Nutzung weiter zu vermieten. Die Eigentümer der Ladenlokale unterstützen das Projekt, in dem sie für den Förderzeitraum auf 30 % der ursprünglichen Kaltmiete verzichten.
Eine geplante offizielle Eröffnungsveranstaltung mit Prominenz aus Verwaltung und Politik musste kurzfristig abgesagt werden. Einen Ersatz dafür wird es geben, sobald sich die Coronalage wieder entspannt hat. Die Reaktionen in Presse und Öffentlichkeit sind überwältigend! Der WDR brachte einen ausgiebigen Beitrag über den Knastladen in der Lokalzeit Dortmund und lud den Anstaltsleiter als Studiogast ein. Die Facebook-Seite der Lokalzeit bekam für einen Beitrag über den Knastladen über 4.300 Likes und über 700 Kommentare. Auch über Instagram gab es tolle Rückmeldungen.
Andrea Bögge | JVA Castrop-Rauxel