Martin Gauger (1905-1941) aus Elberfeld bei Wuppertal hat aus christlicher Überzeugung den Kriegsdienst für Adolf Hitler verweigert. Dieser Widerstand brachte dem Juristen, der für den Lutherrat der Bekennenden Kirche arbeitete, letztlich den Tod in der Euthanasieanstalt „Sonnenstein“ bei Pirna. Gauger lehnte die staatsloyale Haltung der lutherischen Bischöfe ab. Seine Kirche schützte ihn nicht.
Martin Gauger ist am 4. August 1905 als Sohn des Pfarrers Joseph Gauger in Elberfeld geboren. Er studierte Jura und begann 1933 als Rechtsassessor bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht Wuppertal. Wie alle Staatsbeamten sollte er 1934 einen Treueeid auf Adolf Hitler leisten. Als einziger namentlich bekannter Jurist lehnte Martin Gauger dies jedoch ab. Es folgte seine Entlassung aus dem Staatsdienst noch im selben Jahr. „Das zeigt, wie konsequent er seine moralischen Grundsätze umgesetzt hat“, berichtet sein Neffe Gerhard Gauger bei der Online-Präsentation des Kirchenkopfs. Schließlich hätte sein Onkel auch den Eid leisten können ohne sein Handeln danach darauf beziehen zu müssen. „Damit machte er sich aber letztlich selbst zum Staatsfeind“, sagt Gerhard Gauger, der die Familie in Sachen Martin Gauger nach außen hin vertritt.
Kriegsdienst verweigert
Martin Gauger versuchte zeitlebens, das Recht der Kirche in einem Staat zu sichern, der sich selbst an kein Recht gebunden fühlte. Er lehnte die staatsloyale Haltung der lutherischen Bischöfe ab. Als Adolf Hitler 1939 den Zweiten Weltkrieg anstiftete, stand Martin Gauger vor der Frage, ob ein Christ sich an einem ungerechten Krieg beteiligen dürfe. Seine Antwort lautete „Nein“. Weil seine Kirche diese Entscheidung nicht akzeptieren konnte, wurde am 4. Juni 1940 sein Dienstverhältnis beendet.
Auf Flucht von Gestapo verhaftet
Um seiner Mutter das Gerichtsverfahren wegen der Kriegsdienstverweigerung zu ersparen, wollte sich Martin Gauger das Leben nehmen. Sein Suizidversuch scheiterte jedoch. „Auch hier ist mein Onkel wieder den rigorosen Weg gegangen“, sagt Gerhard Gauger, dessen Vater Joachim Gauger der jüngere Bruder von Martin Gauger ist. So habe er unter anderem die Möglichkeit gehabt, eine Professur in Indien anzunehmen oder für das Rote Kreuz in Genf zu arbeiten. „Er entschied sich aber, in Deutschland zu bleiben und hier nach seinem Platz zu suchen.“ Als er sich der bevorstehenden Musterung nicht länger verweigern konnte, sah Martin Gauger schließlich keinen anderen Ausweg mehr und flüchtete – durch den Rhein schwimmend – in die Niederlande.
Mit 35 Jahren von Nazis getötet
Von dort aus wollte er weiter nach Großbritannien fliehen. Doch schon am nächsten Tag, dem 18. Mai 1940, besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Martin Gauger wurde bei Wyler verwundet und von der Gestapo verhaftet. Ein Jahr lang wurde Martin Gauger unweit des Landeskirchenamts in der Strafanstalt in Düsseldorf-Derendorf festgehalten. Dann wurde er zunächst in das Konzentrationslager Oranienburg und am 12. Juni 1941 in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt. Am 14. Juli 1941 wurde Martin Gauger einem sogenannten „Invalidentransport“ der Nazis zur Ermordung von Häftlingen zugeteilt. Der Transport brachte Gauger zur Vergasungsanstalt auf Schloss Sonnenstein in Pirma. Dort wurde er im Alter von 35 Jahren ermordet.
Portrait und Podiumsdiskussion erinnern
Nun erinnert ein Portrait im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland an den wehrhaften Christen. Geschaffen wurde es von dem Kölner Streetart-Künstler John Iven, dessen Werke unter anderem am Bahnhof in Köln-Ehrenfeld zu sehen sind. Gaugers Leben und Wirken wird im Buch „Zwischen Bekenntnis und Ideologie. 100 Lebensbilder des rheinischen Protestantismus im 20. Jahrhundert“ beschrieben. Der Jurist Martin Gauger und sein Widerstand im Nationalsozialismus waren Thema einer Podiumsdiskussion, zu der die evangelischen Kirchen Nordrhein-Westfalens sowie das Ministerium der Justiz NRW einluden. Minister der Justiz, Peter Biesenbach (CDU) gab dazu Impulse auf dem Podium. Weitere Vorträge gab es außerdem von Professorin Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, und Dr. Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Andreas Attinger | Fotos: Goodlack
Mit freundlicher Genehmigung der Evangelischen Kirche im Rheinland