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Italienischer Kongress der Katholischen Gefängnisseelsorge

30. April 2024

Alle zwei Jahre treffen sich die italienischen GefängnisseelsorgerInnen zu einem nationalen Kongress. Die meisten von ihnen sind Priester und Ordensleute. Einige Ehrenamtliche sind dazu eigeladen, die den Frauenanteil deutlich erhöhen. Da es die Möglichkeit einer Online-Teilnahme gab, nutzte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft International der Katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V., Doris Schäfer, den Beitrag des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Matteo Maria Zuppi, anzuhören.

Kardinal Zuppi hat als Priester der Gemeinschaft Sant’Egidio viele Jahre Gottesdienste in römischen Gefängnissen gehalten und hat eine enge Bindung zu den Gefangenen. So war seine Anwesenheit bei diesem Treffen nicht sein erster Besuch. Den größten Teil der Zeit sprach er frei zu den Anwesenden.

Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft International, Doris Schäfer, mit dem Vorsitzenden der Italienischen Gefängnisseelsorge, Raffaele Grimaldi.

Bedeutung der Synodalität

In früheren Jahren war seiner Ansicht nach die Pfarrei das Zentrum der Kirche. Zusammenarbeit war innerhalb der Pfarrei gefragt. Heute jedoch gibt es neben den Pfarreien viele andere Akteure in der Pastoral. Die Pfarreien müssen lernen, mit all diesen Akteuren zusammenzuarbeiten, aber auch zwischen den Akteuren bedarf es einer Zusammenarbeit. Für die Gefängnisseelsorge bedeute das zum Beispiel auch, auf Priester anderer Muttersprache zuzugehen, ökumenische Beziehungen zu pflegen und interreligiös zusammenzuarbeiten. Die Gefängnispfarrei ist im Unterschied zu den Pfarreien außerhalb der Mauern schon sehr unterschiedlich zusammengesetzt. Sie darf sich aber nicht mit dieser Vielfalt zufriedengeben, sondern die ganze Kirche miteinbeziehen. Die Gefängnisseelsorge hat Berührungspunkte mit vielen anderen Bereichen der Pastoral. Sie soll jedoch ihre Eigenart behalten du sie anderen aufzeigen und erklären.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hatte im Vorfeld schon verfügt, dass die Gefängnisseelsorge in den Strukturen der Italienischen Bischofskonferenz vertreten ist, und er möchte, dass sie jeweils ein eigenes Büro im Ordinariat jeder Diözese bekommt.  Über den allgemein verbreiteten Wunsch nach Sicherheit sagte er, dass es im Moment die Tendenz gibt, die Mauern der Gefängnisse zu vermehren. Aber er warnte die SeelsorgerInnen davor, das verbreitete Gefühl der Unsicherheit zu fördern, denn wenn die Mauern undurchdringlich werden, lebt man auch außerhalb der Mauern gefährlicher.

Bedeutung der Kultur

Wir begnügen uns oft mit unseren Erfahrungen, die wir machen. Aber die Erfahrung muss zur Kultur werden. Die Erfahrung muss zu einer Kategorie werden, zur Kenntnis, zur Wissenschaft. Das bedeutet Kultur. Großzügig sein bedeutet nicht nur, seine Zeit und seine Kraft einzubringen und selbst tätig zu sein, sondern auch anderen zu helfen, Dinge besser zu verstehen. Etwas aus eigener Anschauung zu kennen, ist wichtig. Aber man braucht zum Beispiel auch Statistiken oder den Vergleich mit anderen Ländern. Wir dürfen nie die Menge aus den Augen verlieren. Mit dem, was ich habe und was ich kann, müssen wir auch den Hunger der Menge stillen. Was ich tue oder verstanden habe, kann zu einer Kampagne werden, kann Druck erzeugen, Dinge zu verändern. Wir müssen Wege eröffnen. Als Beispiel zitierte er eine Anstaltsleiterin, die sagte, dass ein Drittel der Gefangenen entlassen werden könnte, wenn sie eine Wohnung oder eine Unterkunft hätten. Für Kardinal Zuppi ist das eine Anfrage an die gesamte Kirche.

Bedeutung des Mitleides

Mitleid bedeutet Wohlwollen. Es darf nicht mit Naivität verwechselt werden. Das Mitleid muss helfen, über die Biographie einer Person hinauszusehen. Niemand ist nur derjenige, der er gewesen ist, sondern er kann anfangen, sich zu ändern. Das ist anstrengend. Oft bedeutet es einen Bruch. Manchmal, vor allem wenn die Haftstrafe länger dauert, kann es ein jahrelanges Projekt sein, manchmal ist es auch mit einer Ersten Hilfe vergleichbar. Den Straftätern den Schlüssel nach draußen wegzuwerfen, ist höchstens eine palliative Maßnahme Am Ende verglich er die Mitarbeitenden in der Gefängnisseelsorge mit Allgemeinärzten. Behandlung und Heilung werden gebraucht. Ohne Allgemeinärzte ist das Gesundheitswesen nicht denkbar. Sie kommen zuerst und können dann an Spezialisten verweisen. Er ermutigte die ZuhörerInnen, an sich selbst zu arbeiten. Denn wenn jemand darniederliegt und man ihn wieder aufrichten will, muss man selbst auf einer Höhe sein, um den anderen hochziehen zu können. „Wer das Gefängnis nicht kennt, kann auch die Stadt nicht verstehen. In den Mauern der Gefängnisse gibt es immer einen Spalt. Ihr sollt den Spalt suchen und Licht durch den Spalt dringen lassen“, so der Vorsitzende der italenischen Bischofskonferenz Kardinal Matteo Maria Zuppi.

„Er sah ihn und hatte Mitleid“ (Lk 10,33) – Von der Gleichgültigkeit zur Sorge für den anderen
Assisi 24. bis 27. April 2024

 

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