Gibt man in eine der gängigen Suchmaschinen im Internet Katholische Kirche ein und geht anschließend auf Bilder, erscheinen Fotos von Innenräumen von Kirchen, es erscheinen Bischöfe und Kleriker. Wenn man die Wahl der neuen Bischöfe in den Erzbistümern Paderborn und Bamberg medial verfolgt, die geäußerten Erwartungen, drängt sich – auch bei Formulierungen wie: das Warten hat ein Ende – der Eindruck auf: ein halber Messias ist geboren.
Wir neigen dazu, auf einzelne Personen zu schauen und von ihnen viel zu erwarten. Keine Frage: Leitungsmenschen in der Kirche haben Macht und können blockieren oder Entwicklungen auslösen und fördern. Aber haben sie vielleicht auch deshalb diese Macht, weil wir uns Verantwortungstragende wünschen, die uns entlasten, und wir sagen können: es liegt an dem und dem, ich würde ja, wenn ich könnte…? Im Evangelium erblicke ich eine ähnliche Tendenz. Menschen kommen mit Erwartungen zu Johannes den Täufer. Sie möchten ihn auf eine Rolle festlegen, zunächst offensichtlich tatsächlich auf die Rolle des Messias, dann die des Elija oder eines Propheten. Man möchte eine leitende Gestalt, an die man sich hängen kann, eine Autorität. Diese Person darf etwas wachrütteln – aber nicht zu viel, sonst wird sie einen Kopf kürzer gemacht: Schicksal dieses Johannes, der den Mächtigen zu sehr ins Gewissen redete.
Kein Personenkult oder Brustkreuz
Johannes hat sich nicht als Gesicht gesehen, allenfalls als rufende Stimme. Er lenkt von sich weg. Er möchte keinen Personenkult, braucht kein Brustkreuz, keine besondere Kopfbedeckung, keine Insignien. Seine Umgebung ist kein Tempel. Er verschwindet hinter seiner Botschaft. Das will uns als Kirche nicht so recht gelingen, hinter der Botschaft zu verschwinden. Stattdessen leidet die Botschaft in ihr und an ihr – so sehr, dass Menschen sie in ihr nicht mehr finden. Eher finden sie Eitelkeiten, Machtspiele, Personenkult. Das Gesicht, die Person, auf die er verweist, ist Christus. Er braucht dazu – aus heutiger Sicht überraschend – wenig. Vielleicht erreicht er genau damit, dass Menschen merken: Ich bin gemeint. Auf mich kommt es an. Diese Botschaft verträgt nicht, dass ich auf irgendwelche Heilsbringer warte. Denn Heil ist nur in einem – und ich kann mich ihm öffnen.
Johannes hat seine Rolle klar
Der Messias braucht keine Mittler, er braucht Stimmen, Rufende, die sich selbst nicht wichtig nehmen und auch nicht eine mögliche Organisation, die sich bildet. Die Johannes Ruf folgen schauen nicht nach oben, sie schauen mit einem realistischen Blick auf sich und ihr Leben – die Bibel sagt: sie bekennen ihre Sünden. Sie übernehmen für sich selbst Verantwortung. Sie merken: sie selbst sind gefragt und gerufen, sie selbst können sich bewegen. Sie sind nicht wie die gesandten Priester und Leviten, die Johannes einordnen wollen – wie schnell dient Einordnen der Begrenzung und Relativierung. Sie geben dem Wort, das er sagt, volle Bedeutung und lassen sich von ihm treffen. Johannes verschwindet wieder von der Bühne. Sein Wort, den, den er verkündigt, nicht. Wir müssen und dürfen uns nicht an die verkündenden Organe und damit auch nicht an Kirche festhalten, wohl aber an dem Wort selbst.
Bernd Mönkebüscher | Joh 1,6-8.19-28