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Gefängnisseelsorge hat eine ausgleichende Funktion

5. Mai 2023

Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist historisch gewachsen. Es hat eine Fülle von Differenzierungen und Abgrenzungen erfahren. Eine klar umrissene Aufgabenteilung und Formen der Zusammenarbeit sind schrittweise entwickelt worden, die auf dem Grundgesetz (GG) basieren. Im Kontext dieses wichtigen Verhältnisses und im Rahmen seiner Visitation von verschiedenen Anstalten im Bistum Fulda, machte Generalvikar Prälat Christoph Steinert in Begleitung vom Dezernenten der Diakonischen Seelsorge Dr. Andreas Ruffing Station im Hünfelder Gefängnis.

Die Justizvollzugsanstalt Hünfeld ist 2006 in Betrieb genommen worden und ist die erste teilprivatisierte Anstalt in Deutschland mit 507 Haftplätzen. Es sitzen ausschließlich männliche Straftäter ein, die maximal fünf Jahre wegen u.a. Drogendelikten, Einbrüchen und Betrug verbüßen müssen, darunter zahlreiche Erstverbüßer und Männer mit einer Ersatzfreiheitsstrafe. Die Dienst- und Serviceleistungen hinter den Hünfelder Gefängnismauern werden von der Firma Steep GmbH übernommen. Dazu zählen etwa der Betrieb der Gefängnisküche und der Werkbetriebe, die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Dienste, Sport und die Organisation der Freizeitveranstaltungen, die Wartung des gesamten Gebäudes und der Außenanlagen.

Von links nach rechts: Dezernent Dr. Andreas Ruffing, Generalvikar Christoph Steinert, Anstaltsleiter Lars Streiberger und Diakon Dr. Meins Coetsier.

Interreligiöse und ökumenische Zusammenarbeit

Die Gäste wurden vom Anstaltsleiter, Leitender Regierungsdirektor Lars Streiberger und vom Gefängnisseelsorger Diakon Dr. Meins Coetsier persönlich an der Pforte begrüßt. Bei einem Gespräch über die unterschiedlichsten Gegebenheiten und Herausforderungen war das Hauptthema, die Bedeutung der Kirche im Gefängnis und deren Seelsorge für den Staat, Justizvollzug und die Inhaftierten. Während eines Rundgangs durch die Anstalt erläuterte Leitender Regierungsdirektor Lars Streiberger am Modell des Hünfelder Gefängniskomplexes die wichtigen Aufträge des Vollzugs, sowie Sicherheit, Schutz und Resozialisierung. „Seelsorge hat sozusagen eine ausgleichende Funktion im Gefängnis“, betont der Anstaltsleiter. „Eine ökumenische Zusammenarbeit sowie ein Ansprechpartner für die muslimischen Gefangenen ist wichtig im Gefängnis,“ sagt er. Seit 2016 ist Diakon Dr. Meins Coetsier als katholischer Seelsorger in der JVA Hünfeld im Dienst. Die evangelische Seelsorge übernimmt Pfarrer Dr. Andreas Leipold schon zu Beginn der Inbetriebnahme.

Rundgang durch die Anstalt

Mit der Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Hünfeld hatte Hessen als erstes Bundesland nicht hoheitliche Betriebsleistungen innerhalb einer Justizvollzugsanstalt im Umfang von rund 40 Prozent an einen privaten Dienstleister übertragen. Generalvikar Steinert und Dezernent Dr. Ruffing wurden über die Zusammenarbeit und das Wirken der Seelsorger und die Ökumene informiert. Die Gefängnisseelsorge in den Justizvollzugsanstalten ist dem Generalvikar besonders wichtig. Der Stellvertreter des Diözesanbischofs und zuständige für die zentrale Verwaltungsbehörde der Diözese. Neben der Sporthalle wurden die Gäste im Rundgang  durch die Kammer geführt. Die Kammer ist die zentrale Stelle einer JVA, wo sämtliche Dinge des täglichen Bedarfs für die Gefangenen beschafft, gelagert und ausgegeben werden. Die Besucher bekamen Einblicke in den Gefängnisalltag mit Blick auf den belebten Innenhof mit den Gefangenen während ihres einstündigen Hofgangs.

Rang des Menschenrechts

Die Fortsetzung des teilprivatisierten Betriebs der Justizvollzugsanstalt Hünfeld wird in den nächsten Jahren mit dem Zuschlag an die steep GmbH und der Unterzeichnung eines neuen Betreibervertrages 2021 fortgesetzt. Der Visitation des Bistums hinter die Gefängnismauern beinhaltete den Blick in den Kirchenraum. Die Verantwortlichen von Staat und Kirche waren sich einig, dass das in Artikel 4 Absatz 1 GG formulierte Grundrecht der Religionsfreiheit, für den Strafvollzug von großer Bedeutung ist. In den jeweiligen Gesetzen der Länder (Staatskirchenverträge, Landesgesetze, Dienstordnungen, Ausführungsbestimmungen und Verfügungen) ist die Zusammenarbeit zwischen Seelsorge und Justizvollzug geregelt. Als solches sind sie nicht nur an die christlichen Religionen gebunden, sie haben aber den Rang des Menschenrechts und steht allen Personen zu, die im Geltungsbereich des deutschen Grundgesetzes wohnen. So auch den Menschen in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld.

 

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