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Es geht vorüber. Für schwierige Momente ein Kissen

22. Juni 2024

Mitunter finde ich so manche biblische Geschichte zu schön um wahr zu sein. Jesus spricht ein Wort und alles wendet sich. Es trittt völlige Stille ein. Dies wünsche ich mir in aufwühlenden Gedanken und Fragen, die mich beschäftigen und die nachts mehr bedrängen als tagsüber. Es tritt völlige Stille ein. Das wünsche ich mir überall dort, wo Waffen den Ton angeben und Schreie von Angst, Schmerz und Trauer nicht verstummen.

Schaukasten der Gefängnisseelsorge im Jugendvollzug. Ein Moment, um inne zu halten…

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Es trat völlige Stille ein. Das wünsche ich mir in manch fruchtlosen Diskussionen, in manch politischen Reden, die kaum Lösungen bereit halten. Völlige Stille. Ich frage mich, ob diese Stille, die von Jesus ausgeht, nicht auch schon vorher von ihm ausgegangen ist – müsste sie doch eigentlich, wenn eigens berichtet wird, dass er hinten im Boot auf einem Kissen lag und schlief. Ist das nicht ein stilles Bild? Warum hat es nicht die befriedende Bedeutung wie das anschließende Wort, mit dem er Wind und See zum Schweigen bringt? Oder ist es kein Gegensatz?

Stürme nehmen wieder ab

Ich glaube, der Schlaf Jesu und sein anschließendes Wort der Beruhigung von Wind und See gehören zusammen, sind vielleicht sogar ein- und dasselbe. Denn es gibt Situationen, die werden durch kein dagegen Anrudern besser, durch keinen Gegenkampf, sondern sie verlieren wie von selbst ihre Bedrohung – und alles dagegen Angehen hätte nichts verändert, eher verschlimmert. Von einem Weisen aus dem 6. Jahrhundert vor Christus wird das Wort überliefert: „Tue nicht und alles ist getan.“ Nicht tuen unterbricht und gibt eine Atempause. Nicht tuen schafft mehr als bloßes Reagieren. Dieser Tage erzählte mir jemand, er habe zu Hause ein rotes Kissen. Dieses erinnere ihn an das Schlafen Jesu im Boot. In unruhigen Situationen, in beängstigenden Nächten, die sich endlos langziehen, in Herausforderungen, die richtig an die Nieren gehen, drücke er dieses Kissen an sich. „Es geht vorüber“ – Das die Botschaft dahinter, Stürme nehmen wieder ab.

Kann man nichts machen…

Wenn Gespräche heftig werden, kann sich durch Schweigen, durch einen Augenblick sich zurückziehen, durch Nicht tuen alles ändern. Wenn mir das Wasser bis zum Hals steht, wenn Aussichtslosigkeit da ist, kann ein nicht eingreifendes Warten helfen. Ich erinnere mich an einen mittlerweile verstorbenen Priester und Professor zu meiner Studienzeit, dem ich manches sagen konnte, was ich nicht jeder oder jedem erzählt hätte. In einem Gespräch, als es darum ging, wie ich mit Gedanken von Sinnlosigkeit und Traurigkeit umgehen kann, sagte er von sich: Ich lege mich in solchen Situationen hin und sage mir: Da kannste jetzt nichts machen. Es geht vorüber. Vielleicht hat es Sinn, für solche Momente ein Kissen zu haben.

Bernd Mönkebüscher | Markus 4, 35-41

 

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