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Ein Hochzeitsmahl, zu dem keiner (mehr) hingehen mag

16. Januar 2022

Der Wein ist aus. Länger schon. Noch scheint es niemand zu bemerken, noch scheint die Feier ungetrübt und alles läuft weiter. Vielleicht schütten die Diener aber auch schon die Reste zusammen, um etwas zu strecken, und um die peinliche Situation so weit wie möglich heraus zu zögern. Die Johannesperikope ist ein Spiegelbild für unsere heutige Zeit. Vor allem für die Kirche.

Der Bonner Diakon Ralf Knoblauch hat dies geschaffen:. Für ihn geht es um das Thema Würde. Königswürde, Menschenwürde, die Würde jedes Einzelnen.

Ich denke an unsere Kirche: ist ihr nicht auch der Wein ausgegangen? Wird in ihr nicht auch zusammen geschüttet, zusammengelegt, gestreckt und gezogen so lang es irgendwie geht, so lange, wie man sich irgendwie noch täuschen kann? Aber wer genau hinschaut, wer „Maria“ ist, wem Jesus am Herzen liegt, sieht: Die Fässer sind leer. Der Feier droht ein jähes Ende. Die vielen Missbrauchsverbrechen, die Vertuschungen, die zähen und oft nicht glaubwürdig wirkenden Bemühungen der Aufarbeitung haben das Vertrauen und viele Menschen schwinden lassen, die sagen: es reicht jetzt. Ich will nicht mehr.

Der massive Reformstau, das kirchliche Frauen- und Menschenbild wirkt wie ein Verschütten und Verplempern kostbarsten Weines, indem Menschen, die aus der Botschaft Jesu Kraft ziehen möchten, die sie auch in kirchlichen Diensten verkündigen und feiern würden, aufgrund ihres Geschlechtes oder aufgrund ihrer Liebe keine Chance haben. Die Feier ist darum längst schon vorbei: An vielen Orten, in denen die Kirchen kalt bleiben oder abgetragen werden, an vielen Orten, wo die Köpfe grau geworden sind und der Gang schwer. Keine Vorräte mehr: nichts, was berauscht, beschwingt, fröhlich ist, die Hoch-Zeit, die Liebe feiert. Im Gegenteil. Zuerst wurden und werden Menschen in ihrer Liebe beschnitten. Und so gehen nach und nach die Lichter aus, und am Ende bleibt die Erinnerung nicht an den fröhlichen Beginn der Feier, sondern an das peinliche Ende.

Wir brauchen die Marias, die wahrnehmenden, die unermüdlichen, die auch schroffe Zurückweisungen in kauf nehmen: Was willst du von mir, Frau? Ihr Einsatz, ihre Bemühung blieb nicht umsonst. Denn eigentlich ist ja genug da: Menschen, die Durst haben, die in Feierlaune sind, die ihre Freude miteinander teilen möchten. Die Bibel selbst braucht dieses Bild für die ewige Vollendung: himmlisches Hochzeitsmahl, große Feier, nie endend. Was tut Jesus? Er nimmt das, wovon genug da ist: Wasser. Das, was bereit steht. Würde Kirche auch nur ansatzweise genau das tun, nehmen, wovon genug da ist, Menschen, die religiösen Durst haben, Menschen, die als Krankenhausseelsorgerin die Krankensalbung spenden würden, Frauen, die die Eucharistie feiern würden, wir haben doch viel mehr als sechs Krüge.

Warum hält Kirche sie Jesus nicht einfach hin, damit sich das Wunder der Wandlung auch heute ereignen kann, damit nicht nur die Lichter nicht ausgehen, sondern heller denn je erstrahlen, weil der neue Wein, der gewandelte viel besser ist als der leer getrunkene, dem niemand mehr hinterher trauert? Wir trauern dem alten Wein hinterher – gibt es ein stärkeres Signal als diese Trauer, die anzeigt, dass der Wein längst ausgetrunken ist? Der neue, der köstliche Wein, der die Feier fortsetzt, schöner denn je, kräftiger denn je mit Blick nach vorn braucht das Wasser, von dem diese Geschichte – und mit ihr nicht wenige Menschen – glauben: es ist genug da.

Bernd Mönkebüscher | Joh 2, 1-11

 

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