Aus Kirche und Gesellschaft heraus Brücken zu bauen ins Dresdner Gefängnis, ist der Sozialarbeiterin und Kriminologin der dortigen Justizvollzugsanstalt, Angelika Lang, wichtig. Grauer Kapuzenpulli, randlose Brille, lockiges, braunes Haar, ein Tuch als Schal luftig um den Hals geschwungen: So empfängt Angelika Lang ihren Gast in der Eingangsschleuse der Justizvollzugsanstalt (JVA) Dresden.
Am Gürtel baumelt das Funkgerät der Bediensteten. Den Schlüsselbund zur Einrichtung gibt sie an der Pforte ab, als sie für ein Foto vor das Eingangstor des größten Gefängnisses Sachsens tritt. Zierlich wirkt sie vor der gewaltigen Mauer um das elf Hektar große Areal. Und doch spürt man bei der Begegnung mit ihr schnell: Diese Frau besitzt Courage. Und die braucht sie für ihre Arbeit auch.
805 Haftplätze gibt es in der Anstalt am Hammerweg insgesamt. 774 davon sind im Moment belegt. Für diese Gefangenen, aber auch für die 379 Bediensteten des Hauses ist Angelika Lang gemeinsam mit einer evangelischen Kollegin als Seelsorgerin ansprechbar. In den vergangenen Monaten im Gefängnis hat sie schon verschiedene Gruppenangebote für die Häftlinge aufgebaut. „Beispielsweise zu den Themen Wertevermittlung und Selbsthilfe“, berichtet sie. „Das läuft gut, es kommen viele Teilnehmer.“ Und auch einen kleinen Kreis von Häftlingen, die in der Leitung einzelner Kleingruppen selbst Verantwortung übernehmen, gibt es bereits.
Die Arbeit mit Gefangenen ist für die 53-jährige nichts Neues. Seit Jahren ist die studierte Sozialarbeiterin und Kriminologin für verschiedene christliche Träger in der Straffälligenhilfe tätig, zuletzt in Bayern. Über die Jahre hat die gebürtige Oberpfälzerin dabei ein großes Netzwerk an Ehrenamtlichen und auch an ehemaligen Häftlingen aufgebaut, die sie bis heute unterstützen. „Mit Ehemaligen zu arbeiten ist der Schlüssel“, meint Lang über die erfolgreiche Betreuung Gefangener. „Ich habe immer gerne Ehemalige mitgenommen in die Haft, die dort von ihrem Leben in Freiheit erzählt haben und davon, wie sie es geschafft haben.“
Brücken zu bauen aus der Gesellschaft in die Haft, das ist ihr bei ihrer Arbeit wichtig. Zum Gottesdienst und der anschließenden kleinen Feier aus Anlass ihrer Amtseinführung werden neben einer Hälfte Gäste von draußen daher zur anderen Hälfte Gäste aus der JVA erwartet, berichtet die Seelsorgerin. Sie hatte es sich so gewünscht.
Umso mehr freut sie sich, dass ihre Arbeit in Dresden auch seitens der Pfarreien und kirchlichen Verantwortlichen unterstützt wird. „Ich erlebe Kirche hier als sehr offen und innovativ für Gestaltung. Und ich freue mich, dass ich für meine Arbeit Raum erhalte. Bislang wurde das oft als Nische wahrgenommen. Aber das klappt nicht.
Es braucht Brücken von der Gemeinde zum Knast. Und so viele Berührungspunkte wie hier habe ich noch nie erlebt.“ So gehört sie der Steuerungsgruppe der Pfarrei an, auf deren Territorium das Gefängnis liegt. Teilnehmende eines Glaubenskurses, denen sie von ihrer Arbeit berichtet hatte, werden zu ihrer Amtseinführung in die Haftanstalt kommen. Sie selbst wiederum bringt Gebetsanliegen der Gefangenen, die sie auf Zetteln eingesammelt hat, in den Gottesdienst ihrer Gemeinde mit.
Es gibt Planungen, einen Studientag für Gemeindereferenten im Gefängnis abzuhalten. Und ein Pfarrer denkt über ein Nightfever-Angebot für Gefangene nach. Allerdings ist Angelika Lang auch weiterhin auf der Suche nach Ehrenamtlichen, die sich für Gefangene engagieren möchten. Möglichkeiten gäbe es dabei viele – angefangen von Besuchen bei Häftlingen über die Unterstützung der Seelsorgerin in ihrer Gruppenarbeit bis hin zur Begleitung von Gefangenen nach ihrer Haftentlassung.
Michael Baudisch | Tag des Herrn
1 Rückmeldung
Ein wertvolles Werk, das Frau Lang hier befördert – uneigennützig und den Inhaftierten zugewandt. Ich hoffe sehr, dass dies staatlicherseits anerkannt und gefördert wird.