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Dirk Range nimmt Abschied von „seinen Jungs“ in der JVA Vechta

13. April 2023

Neun Jahre war der evangelische Gefängnisseelsorger Dirk Range hinter den Mauern der Justizvollzugsanstalt Vechta in Niedersachsen tätig.  Zuvor sammelte er als Pfarrer in der St. Katharinen Gemeinde in Schönemoor und Lohne seine Erfahrungen. Bereits seit April 2014 hat Dirk Range immer wieder die Krankheitsvertretungen des Gefängnis-Seelsorgers übernommen. Seit 2016 ist er offiziell Knastseelsorger. Nun nimmt er Abschied „von seinen Jungs“: Er geht in Pension.

Die Inhaftierten in ihrem Alltag in Einzelgesprächen und am Wochenende mit der Feier von Gottesdiensten zu begleiten, sind seine Aufgaben in der Knastgemeinde der JVA Vechta gewesen. Die jungen Männer der sogenannten „Jungtäter“ im Alter von 18 bis 29 Jahren kamen mit Range den Gesprächsgruppen oder in der Schachgruppe zusammen. Das seelsorgliches Angebot ist hinter Gittern gefragt, weil „der Pastor nichts weitersagen darf“, sagt ein Gefangener offen. „In der Gefängnisseelsorge ist mir wichtig, den jungen Männern in ihrer besonderen Lebenssituation zur Seite zu stehen. Ich möchte ein Wegbegleiter sein, der aufmerksam wahrnimmt und im günstigen Fall dem anderen hilft, im Blick des Glaubens Freiräume zu entdecken“, sagte Range bei seiner Einführung im Jahr 2016.

Spielt Schach mit Gefangenen

Jetzt sind neun Jahre vergangen. Range fühlte sich wohl unter den „Jungs“, wie er selbst sagt. Der evangelisch-lutherische Pastor hat Sinn für Humor. Musikalisch spielt er das Streichinstrument Bratsche und weiß gut Schach zu spielen. Beides hat er in seinem Dienst eingesetzt. So spielte er regelmäßig in der Schachgruppe einige Partien mit den Inhaftierten. „Das hat mir besonders imponiert“, sagt ein Gefangener, der am Ende der Grußworte in der Abschiedsfeier spontan das Wort ergreift. „Ich hoffe, dass die Schachgruppe mit in die neue Stellenausschreibung als Aufgabe für die Nachfolge aufgenommen wird“, fordert er den anwesenden evangelisch-lutherischen Bischof in Oldenburg, Thomas Adomeit, auf. Dieser lacht und meint, dass er das sicher machen werde.

Ein ehemaliger Inhaftierter mit dabei

Range hat einen guten Draht zu den jungen Menschen. Das macht der Anstaltsleiter der JVA Vechta, Regierungsdirektor Dr. Manfred Krohn, in der im Jahr 1904 gebauten Anstaltskirche deutlich. Die Justizvollzugsanstalt für Jungtäter in Vechta mit 290 Gefangenen und 210 JustizbeamtInnen ist kein leichtes Aufgabengebiet. „Anfangs Ihrer Dienstzeit hat es einige Male gerumpelt“, erzählt der Leiter. „Aber das ist ganz normal am Anfang in all der Unsicherheit und dem ersten Kennenlernen“, fügt Krohn hinzu. Range könne jetzt nach 9 Jahren in den offenen Vollzug seiner Pension gehen. „Herr Range hat sich dem Vollzugsziel erfolgreich angenähert und wir können ihn ohne Bedenken ziehen lassen“, meint der Leiter. Krohn begrüßt die etwa 100 Gäste, die zur Verabschiedung Range´s gekommen sind, persönlich an der Außenpforte. „Ich habe die Gästeliste für heute einmal durchgeschaut. Es sind fast dieselben Menschen, die 2016 zu Ihrer Einführung gekommen sind. Sogar ein ehemaliger Inhaftierter ist darunter“, sagt Krohn.

Dank von Inhaftierten

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge geht Range, wie er in seiner Predigt ausführt. Der Schulfreund und Strafverteidiger, Ben Bartholdy, berichtet in persönlichen Worten, wie er den Bezug zum Knastpastor hat. „Wir hatten plötzlich ein gemeinsames Arbeitsfeld“, meint dieser verschmitzt. Drei Gefangene kommen nach vorne, um dem Gefängnisseelsorger jeweils ein persönliches Wort zu sagen. Vor der großen Menge sind sie etwas aufgeregt. Ihre Dankesbotschaft kommt aber authentisch und ehrlich rüber. FreundInnen, KollegInnen und Bediensteten geben mit ihrem Beifall freudig Zustimmung. Der im September 2022 neu in den Dienst berufene katholische Gefängnisseelsorger Jens König-Upmeyer meint, er müsse jetzt wohl auch Schach lernen. „Die Gefängnisseelsorge genießt ein hohes Vertrauen im System Vollzug“, fügt Range hinzu. Schnellen Schrittes geht er zum Kammerorchester aus Lohne, die die Feier musikalisch umrahmt, setzt sich dazu, nimmt seine Bratsche und spielt mit der Gruppe das musikalische Abschlussstück.

Michael King | Fotos: Manfred Middelbeck

 

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