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Auf 50 Hektar Fläche ein offener Jugendvollzug + Pflegeabteilung

21. November 2023

Die Gruppe der GefängnisseelsorgerInnen zusammen mit Indra Wanke, Abteilungsleiterin der Pastoral in verschiedenen Seelsorgebereichen im Erzbistum Paderborn (1. Reihe, 4. von rechts).

Zwischen Bielefeld und Paderborn befindet sich mit der Senne-Landschaft und der Emsquelle ein großes Naturschutzgebiet. Hier erstreckt sich auf 50 Hektar die Justizvollzugsanstalt (JVA) Hövelhof. Das Anstaltsgelände mit den Verwaltungsgebäuden und den Haftunterkünften war seit den 1930er Jahren Teil einer Kasernenanlage. Seit 1948 werden die Gebäude mit An- und Umbauten für den Offenen Jugendvollzug mit einer Pflegeeinrichtung für erwachsene Männer genutzt. Die Diözesankonferenz der GefängnisseelsorgerInnen auf dem Gebiet des Erzbistum Paderborn traf sich an diesem Ort.

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Die eigens gesicherte Pflegeeinrichtung mit 30 Plätzen wurde nach dem Krieg zuerst als Tuberkulosekrankenhaus genutzt. Heute beherbergt das Gebäude 16 inhaftierte Männer, die pflegebedürftig sind. Im Umkreis davon findet sich der Offene Jugendvollzug für das Land Nordrhein-Westfalen. 232 Plätze stehen zur Verfügung, wovon zurzeit (Stand November 2023) etwa 70 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 17 bis 24 Jahren ihre Strafe „absitzen“. Dieter Strobel, Anstaltsleiter seit Mai 2022, erzählt den GefängnisseelsorgerInnen aus dem Erzbistum Paderborn, das sein Büro das ehemalige Offiziers Casino sei und ein entsprechend schöner Parkettboden dort verlegt ist. Doch nicht nur dies wäre ein Vorzug für die Einrichtung. „Es gibt immer wieder Rehe, die durch das Anstaltsgelände laufen“, meint Strobel. Eine brennende Frage der Gefängnisseelsorgenden von Attendorn bis Herford ist, wie der steigende Bedarf an Haftplätzen für ältere und pflegebedürftige Gefangenen weiter geplant sei. „Eine einfache Lösung mit einem Pflege-Neubau auf dem Gelände ist seit Jahren angedacht, doch es wird nicht umgesetzt“, meint er nachdenklich. Es gäbe keine grundlegende Begründung für eine Nichtnutzung.

Krasse Gegensätze der JVA Hövelhof

Im Jugendvollzug gehen bundesweit die Inhaftiertenzahlen zurück, so auch im Offenen Jugendvollzug der JVA Hövelhof. Mit 143,5 Bediensteten-Stellen sei die JVA Hövelhof sehr gut ausgestattet. „Einzig eine ärztlich-psychiatrische Fachkraft fehlt, obwohl wir viele Anzeigen in entsprechendem Fachmagazinen geschaltet haben“, sagt Strobel. Die Sozialarbeiterin, Saskia Kerstin, fügt hinzu: Im Offenen Vollzug können wir für die Jugendlichen mehr Selbstverantwortung einfordern. Manchen ist das zu viel und sie wollen lieber in den geschlossenen Vollzug. Wieder andere gehen ein freies Beschäftigungsverhältnis ein und übernachten nur in der JVA“, erzählt sie. In drei Jahren sind sieben Langzeitinhaftierte in der geschlossenen Pflegeeinrichtung verstorben. „Das ist schon ein krasser Gegensatz an diesem Ort“, fügt sie hinzu.

Schutzkonzept und Handlungskodex entwickeln

In der anschließenden Runde wurde über ein „Institutionelles Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt“ debattiert. Es soll ein Handlungskodex für den Dienst als GefängnisseelsorgerIn entwickelt werden. So heißt es unter anderem: „Die Arbeit in der Gefängnisseelsorge zeichnet sich durch ein hohes Maß an persönlichen Kontakten, Verschwiegenheit und Vertrautheit aus. […) Die Seelsorgenden haben die Verantwortung, jede Seelsorgebeziehung so zu gestalten, dass auf der einen Seite professionelle Nähe möglich ist und auf der anderen Seite weder Abhängigkeiten entstehen noch grenzüberschreitendes Verhalten stattfinden kann.“ Angesichts von Vertuschungsvorwürfen zahlreicher Verantwortlichen in der Katholischen Kirche und Tätern in den eignen Reihen, ist diese präventive Arbeit von besonderer Wichtigkeit. Die diözesane Beauftragte für Gefängnisseelsorge im Erzbistum Paderborn, Daniela Bröckl (JVA Bielefeld-Senne), wird den Text zusammen mit den noch zu ernennenden Präventions-Fachkräften Jürgen Wiesner (JVA Attendorn) und Christoph Schnellbacher (JVA Schwerte) weiter ausfeilen und dem Generalvikariat zur Kenntnis vorlegen.

Gut bewirtet im Offenen Vollzug

Westfälische Kartoffelsuppe mit Mettenden, Schweinebraten, Knödelscheiben und Rotkraut sowie als Nachtisch Tiramisu servierte das Team der Küchenversorgung der JVA Hövelhof den Gästen. Der Chefkoch bringt Erfahrung mit „Dinner hinter Gittern“ aus der JVA Herford mit. Dort wurde in der Vergangenheit zum Gala-Dinner in den Knast: eingeladen Junge Gefangene, die in der Jugendstrafanstalt Herford zu Köchen oder Küchenhelfern ausgebildet werden, haben den Besuchern innerhalb der Gefängnismauern ein Sechs-Gänge-Menü angeboten, das von den Strafgefangenen sowohl zubereitet als auch serviert wird. Mirko Wiedeking, Gefängnisseelsorger der JVA Hövelhof und der UfA Büren, bedankt sich ganz herzlich dafür, dass „es ja nicht unbedingt Tiramisu hätte sein müssen“, sagt er. „Das war einfach so dahingesagt und es wurde gleich aufgenommen“, lacht er herzhaft. Die geschlossene Schranke am Aushang der Einfahrtsstraße zum eingezäunten Gelände der JVA wurde am Ende nicht übersprungen. Mit dem Klingeln öffnete der Bedienstete der Pflegeeinrichtung mit Blick auf die Kamera ordnungsgemäß die Ausgangstür.

Michael King | www.gefaengnisseelsorge-paderborn.de

 

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