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Antworten des Landtages von Baden-Württemberg auf Petitionen

8. Juli 2022

Es ist ein Recht, das allen zusteht, das Petitionsrecht. Um die Inhalte kümmert sich ein Petitionsausschuss. Als Anwalt der Bittenden bemüht er sich darum, den jeweiligen Sachverhalt aufzuklären. Gleich drei Petitionen beschäftigen den Landtag von Baden-Württemberg zum Justizvollzug. In der Drucksache 17 kann man die Antworten des Ausschusses nachlesen.

Ein Petent fordert, den Strafvollzug zu modernisieren und weiterzuentwickeln sowie die Abschaffung des § 41 des Stravollzugsgesetzes BaWü (Arbeitspflicht). Eine dritte Petition beschäftigt sich mit der Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung in den Justizvollzugsanstalten des Landes. Interessant ist es, die ausführliche Antwort des Landtages zur Modernisierung des Justizvollzuges zu lesen. Neben den üblichen Aufzählungen bereits eingeleiteter und für gut befundener Maßnahmen, wird auf Alternativen zum Freiheitsentzug, Einzelhaft und psychologischer Hilfe für Inhaftierte eingegangen. Hier einige Auszüge zu verschiedenen Themenkomplexen.

Weiterentwicklung des Justizvollzuges

Die Modernisierung und Weiterentwicklung des Justizvollzugs ist eine wichtige Aufgabe, der sich das Land Baden-Württemberg fortlaufend stellt und die es auf vielfältigem Wege verfolgt. […] Auf Anregung der Arbeitsgruppe „Moderner Strafvollzug“ und aufgrund der guten Erfahrungen der vorhergehenden Expertenkommission zum Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen, deren 42 Empfehlungen zum weit überwiegenden Teil bereits umgesetzt sind und somit wesentlich zur Verbesserung des Umgangs mit psychisch auffälligen Gefangenen beigetragen haben, hat der Ministerrat in seiner Sitzung am 27. November 2018 die Einsetzung einer ressort- und fachübergreifenden Expertenkommission zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung der Gefangenen im baden-württembergischen Justizvollzug einberufen. […]

Im Hinblick auf eine Modernisierung und Weiterentwicklung des Justizvollzugs ist zudem zu erwähnen, dass momentan das Gesetz über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (Justizvollzugsgesetzbuch – JVollzGB) überarbeitet wird; der Gesetzentwurf soll zeitnah zum Anhörungsverfahren freigegeben werden. Mit dem aktuellen Gesetzesvorhaben sollen insbesondere anhand vollzuglicher Erfahrungen erkannte Problemstellungen in den Blick genommen und der Normenbestand unter Berücksichtigung der Vollzugsziele gezielt weiterentwickelt werden. Dabei wurden auch seit dem Jahr 2014 fortlaufend eingegangene und gesammelte Anregungen der vollzuglichen und gerichtlichen Praxis aufgegriffen.


Alternativen zum Freiheitsentzug

Zu den Fragen, welche Alternativen zum Freiheitsentzug im 21. Jahrhundert zeitgemäß sind und ob es denkbar scheint, den Hausarrest und die Fußfessel zu einem gängigen Mittel der Bestrafung zu machen, ist wie folgt auszuführen: Der Koalitionsvertrag formuliert insbesondere das Ziel, den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen einzuschränken. In diesem Zusammenhang steht das Projekt „Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen durch aufsuchende Sozialarbeit“. Dessen Ziel ist es, die Geldstrafenschuldner im direkten Kontakt mit der Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg über die Möglichkeit von Ratenzahlungen und Ableistung gemeinnütziger Arbeit zu informieren und so – wenn möglich – die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wurde das Projekt im November 2020 landesweit
ausgerollt.

Zudem wurden neben dem bereits seit vielen Jahren sehr gut etablierten Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ die Möglichkeiten der Tilgung der Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit erweitert. Hierzu wurde die sogenannte Tilgungsverordnung zum 1. Juni 2021 geändert. Danach können Geldstrafenschuldner, die die Ersatzfreiheitsstrafe bereits angetreten haben oder sich in anderer Sache im Justizvollzug befinden, nunmehr die Geldstrafe außer- oder innerhalb des Justizvollzugs durch gemeinnützige Arbeit tageweise tilgen. Zur intramuralen Ableistung gemeinnütziger Arbeit ist anzumerken, dass die Unterbringung von männlichen Gefangenen, die sich ausschließlich zum Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen in Haft befinden und nicht für den offenen Vollzug geeignet sind, künftig landesweit zentral in den neu zu errichtenden Modulbauten in den Justizvollzugsanstalten Heimsheim, Ravensburg und Schwäbisch Hall erfolgen soll.

Dort sollen die notwendigen personellen und räumlichen Rahmenbedingungen für freie Arbeit im Vollzug entstehen. Sobald es  pandemiebedingt möglich ist, wird bereits eine Pilotierung der intramuralen Ableistung gemeinnütziger Arbeit in einer der bezeichneten Justizvollzugsanstalten stattfinden. Der Einsatz elektronischer Überwachung (EÜ) im Strafrechtsbereich beschränkt sich in Deutschland bislang weitgehend auf Weisungen zur GPS-basierten elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68b Satz 1 Nummer 12 StGB sowie auf die Überwachung von Strafgefangenen im Rahmen von Vollzugslockerungen. In Baden-Württemberg erfolgt der Einsatz von EÜ derzeit neben der führungsaufsichtsrechtlichen EAÜ auch bei der Überwachung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten im Rahmen von Ausführungen.

 

Antworten (pdf-Dokument)

Modernisierung des Justizvollzugs (Petition 17/358)
Verbesserung zahnmedizinischer Versorgung in Haftanstalten (Petition 17/868)
Abschaffung des Arbeitszwang (Petition 17/958)

 

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