Die Wanderausstellung „Anne Frank – Lasst mich ich selbst sein” ist in der Justizvollzugsanstalt Dortmund zu Gast. Sie ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen, in denen die Anstalt sich gegen rechtsextremes Gedankengut und jede Form von Rassismus, Extremismus und Diskriminierung positioniert. Mit der Ausstellung sollen Wissenslücken über die Zeit des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung mit Inhaftierten, Bediensteten und externen Besuchern geschlossen werden.
Am 5. April 1944 schreib die damals 15-jährige Anne Frank in ihr Tagebuch: „O ja, ich will nicht umsonst gelebt haben wie die meisten Menschen. Ich will den Menschen, die um mich herum leben und mich doch nicht kennen, Freude und Nutzen bringen. Ich will fortleben, auch nach meinem Tod.“ Wenigstens dieser Wunsch von Anne Frank ging in Erfüllung. Durch die Veröffentlichung ihres Tagebuchs lebt sie auch nach ihrem Tod fort. Durch ihr Tagebuch bleibt ihr Schicksal in Erinnerung.
Opfer und Täter – Helfer und Zuschauer
Mit der Wanderausstellung „Lasst mich ich selbst sein“ soll die Geschichte von Anne Frank lebendig bleiben. Sie zeichnet das Leben des jüdischen Mädchens nach – ihre ersten Jahre in Frankfurt am Main, die Flucht vor den Nationalsozialisten in die Niederlande bis hin zu ihren letzten Monaten in verschiedenen Konzentrationslagern. Als historisch-politisches Bildungsangebot war die Ausstellung in den letzten jahren in mehreren Justizvollzugsanstalten zu sehen. „Hier werden Opfer, Helfer, Täter und Zuschauer dargestellt. Gleichzeitig führt es zum Nachdenken über die Gegenwart“, so die Psychologin der JVA Dortmund.
Die Ausstellung thematisiert aktuelle Fragen von Identität, Zugehörigkeit und unterschiedliche Formen von Diskriminierung. Alles Themen, die in einer Justizvollzugsanstalt große Bedeutung haben. Das Gefängnis ist ein Ort im Ort, sprich ein Spiegelbild der Gesellschaft und doch ein eigenständiger abgeschlossener Bereich. Hier treffen Menschen unterschiedlicher Kulturen, Religionen und Lebensgeschichten zusammen. Täter können zugleich Opfer/Geschädigte sein, obwohl sie Regeln gebrochen und Menschen verletzt haben. Bei zunehmendem Antisemitismus ist die Ausstellung ein Beitrag gegen den oft vorherrschenden Populismus.
Peer-Guides ausgebildet
Die Ausstellung richtet den Blick auf die Gegenwart: Wie gehen wir heute mir Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, Gruppenzugehörigkeit und Diskriminierung um? Sie ist als Beteiligungsprojekt für die Inhaftierten der JVA ausgelegt. Inhaftierte Menschen werden als so genannte Peer Guides ausgebildet, die Mitgefangenen und externen Besuchern durch die Ausstellung begleiten und diskutieren. Im Gefängnis passieren einseitige Gruppenbildungen und Spaltungen zwischen Menschen nach Hautfarbe, Straftaten oder Nationalitäten sehr schnell. Die informellen Regeln sind hinter Mauern nicht gerade für ein friedliches Miteinander förderlich. “Sein Gesicht nicht zu verlieren” scheint manches Mal als Leitmotiv besser zu sein, als sich deutlich entgegen dem Mainstream zu positionieren. Ziel ist es, die eigenen Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit den Themen der Ausstellung einzubringen und damit Geschichte und Gegenwart miteinander zu verbinden.
Die Ausstellung präsentiert sich in besonders klarer und einfacher Struktur, sie vermittelt die Inhalte in Form verständlicher Texte und historischer Fotografien. Die handlichen Banner sorgen außerdem für eine einfache und flexible Montage an Orten mit wenig Platz.