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Sich klein machen, um selbst groß dazustehen?

23. November 2025

Der Mensch Jesus wird bei der Kreuzigung  verspottet. Das geht schnell: Sich über andere Menschen lustig machen, die sich angeblich nicht wehren können. Bei vermutlich „starken“ Menschen traut sich das kaum jemand. Die Schwächen sind es, die zum Spott reizen, weswegen Menschen verhöhnt und getreten werden. Mit den Schwachen kann man es machen. Minderheiten müssen halt einstecken,

Menschen, die keine Stimme haben, die anders sind, psychisch krank.. Der verspottete Jesus am Kreuz: Ein Bild für alle schwachen, misshandelten, wehrlos gemachten Menschen. Führt diese Szene nicht die wirklich Feigen, die wirklich Schwachen vor Augen? Die, die Opfer brauchen, um selbst gut dazustehen; die, die demütigen, um selbst mutig dazustehen; die, die klein machen, um selbst groß dazustehen?

Chor der lauten und Verspotteten?

Und nimmt nicht letztlich alles Übel der Welt hier seinen Lauf? Im Vergleichen, im sich besser und stärker und richtiger wägen? Dieses Evangelium hat dennoch einen Hoffnungsschimmer. Es erzählt, dass zumindest einer das Ganze durchschaut, der Verbrecher, den die traditionelle christliche Darstellung auf der rechten Seite des Kreuzes hängen sieht, weswegen der Gekreuzigte auch seinen Blick zur rechten Seite neigt. Was soll das anderes heißen als: Es ist nicht alles verloren? Einsichten können Leben verändern? Dieser eine Verbrecher hat sich frei gemacht vom Chor der Lauten und Verspottenden.

Motive entlarvend

Dieser eine Verbrecher wagt der Masse entgegen zu treten. Er sagt uns: Da stimmt doch was nicht, wenn alle auf einen einzigen einprügeln; da stimmt doch was nicht, wenn alle Gefallen daran finden, einen einzelnen, eine einzelne mundtot zu machen; da stimmt doch was nicht, wenn Mehrheiten sich bilden und verbinden, um Minderheiten auszugrenzen. Aber alles stimmt bei dem, der sich nicht beugt; der die Dornenkrone mit Würde trägt, wie es romanische Kreuzesdarstellungen zeigen: Christus als lebendiger, siegreicher König, mit offenen Augen, aufrecht, königliche Würde ausstrahlend: Sieg über den Tod und alle, die töten, ihre Motive entlarvend.

Anwesenheit im Zerbrochenem

Dieser König überzeugt nicht durch weltliche Macht und Stärke. Er braucht keine Insignien und Huldigungsrufe. Dieser König überzeugt durch seine Schwäche. Die Wunden sind es, die nach Ostern von seinem Leben erzählen, das „Brechen“ des Brotes wird zu seinem Erkennungszeichen, nicht das Schöne, das Runde, das Perfekte. Sollte am Ende Gott selbst genauso sein? Stark in der Schwachheit, beredt im Schweigen? Anwesend im Zerbrochenen? Dieses Fest, das Kreuz sagt eindeutig: Ja.

Bernd Mönkebücher

 

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