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Viele Tote bei Corona-Gefängnisaufstand in Peru

30. April 2020

Die Außenmauer und der Zaun des Gefängnisses „San Juan de Lurigancho“ mit Wachtturm in Perus Hauptstadt Lima. Fotos: Achim Pohl/Adveniat.

Bei einem Gefängnisaufstand im südamerikanischen Peru sind neun Häftlinge gestorben. Sie revoltierten gegen zu wenig Schutz vor dem Coronavirus. Die Pandemie wird für viele maßlos überfüllte Gefängnisse Lateinamerikas zunehmend zum Stresstest. Bei einem Polizeieinsatz während eines Gefängnisaufstands in Perus Hauptstadt Lima haben die Behörden die Zahl der getöteten Inhaftierten auf neun nach oben korrigiert. Erste Berichte über die Revolte vom Montag im Gefängnis „Miguel Castro Castro“ hatten von nur drei Todesopfern gesprochen, berichtet der peruanische Fernsehsender „ATV“. Die Inhaftierten hatten für eine bessere Gesundheitsversorgung in der Corona-Pandemie protestiert, nachdem Häftlinge an der Covid-19-Krankheit verstorben waren.

Perus Minister für Justiz und Menschenrechte, Fernando Castañeda wies Vorwürfe zurück, die Behörden würden die Corona-Gefahr für die Häftlinge in Perus Haftanstalten vernachlässigen. Trotz Quarantäne-Maßnahmen seien bisher 645 Insassen positiv getestet worden, zitiert die Tageszeitung „El Comercio“ den Minister. „Es gibt 36 Inhaftierte im Krankenhaus, 30 Gefangene sind bisher an Covid-19 gestorben“, so Castañeda zum TV-Sender „Canal N“. Unter den Todesopfern des Aufstandes seien Mörder, Sexualstraftäter und Räuber gewesen, nur durch die Polizei sei eine „Massenflucht“ verhindert worden.

Die Gefangenen waren mit Plakaten auf den Gefängnishof gezogen, wo sie gegen die Gesundheitsbedingungen in der Haftanstalt protestierten. „Schon 5 Tote durch Covid-19“ und „Freiheit: Es gibt Tote“ stand auf einigen Plakaten, die in einem Bericht der Tageszeitung „El Comercio“ zu sehen waren. Die Häftlinge forderten zu einem, die vom peruanischen Präsident Martín Vizcarra in der letzten Woche erlassene Corona-Amnestie für verurteilte Straftäter auch auf hohe Haftstrafen auszudehnen. Zum anderen forderten sie die Versorgung mit Medikamenten zur Behandlung von Gefangenen mit Covid-19-Erkrankung.

Gefangene in „San Juan de Lurigancho“. Innerhalb der Mauern sind sie sich überwiegend selbst überlassen.

Das überfüllte Gefängnis „San Juan de Lurigancho“ in der Hauptstadt Lima.

Ein Zellentrakt wird Wäsche selbst gewaschen und im Flur aufgehängt.


Gerüchten in den sozialen Medien zufolge seien in dem Gefängnis im Stadtteil Juan de Lurigancho bereits mehrere Gefangene an der Corona-Infektion gestorben. „Das ist falsch, es gibt in diesem Gefängnis keine sechs Tote“, trat Gefängnisleiter Villar den Informationen aus dem Internet entgegen. Bisher seien lediglich zwei Menschen an Covid-19 gestorben. Wie im anderen Hauptstadtgefängnis im Stadtteil Callao werde man Antibiotika an Häftlinge mit Symptomen ausgeben, um einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern.

Spielende Kinder an der Außenmauer des Gefängnisses „San Juan de Lurigancho“.

Das Gefängnis „San Juan de Lurigancho“ vom Berg nahe dem Gefängnis betrachtet.

Die blau-weiße Außenmauer des Gefängnisses „San Juan de Lurigancho“.


Auch in anderen Gefängnissen auf dem südamerikanischen Kontinent geht die Angst vor einer Corona-Ansteckung um, meldet die Nachrichtenagentur AP Zahlen. In Chiles Hauptstadt-Gefängnis „Puente Alto“ seien bereits über 300 von 1100 Inhaftierte positiv auf das Virus getestet worden. In „La Victoria“ in der Dominikanischen Republik haben sich nachweislich 239 von 5550 Häftlingen mit dem Coronavirus infiziert. Bei Corona-Gefängnisaufständen in Kolumbien wurden bisher 23 Menschen getötet. In Brasilien gelang 1.300 Straftätern die Massenflucht. In Argentinien sind mehr als 1000 Häftlinge in den Hungerstreik getreten. In El Salvador werden Gefangene trotz Corona im Izalco-Gefängnis wie Vieh zusammen gepfercht.

Die Gefängnisse in Lateinamerika, in denen rund 1,5 Millionen Menschen eine Gefängnisstrafe verbüßen, sind in der Regel um ein Vielfaches überbelegt. Die Menschenrechtslage ist laut der US-Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch bereits in Normalzeiten besorgniserregend. Vor allem das Besuchs- und Kontaktverbot für Familienangehörige als Maßnahme gegen die Ausbreitung des Corona-Virus sorgt für Unmut. In Argentinien wurde den Häftlingen darum die Nutzung von Video-Telefonaten und von Mobiltelefonen erlaubt. (bb)

Blickpunkt Lateinamerika | Adveniat

 

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