Im Rahmen des Projekts „ZaunGast“ lädt die Gefängnisseelsorge der JVA Waldeck in Mecklenburg-Vorpommern Angehörige zu einem gemeinsamen Zoobesuch ein. Ziel des Projekts „ZaunGast“ ist es, familiensensible Begegnungschancen für Kinder mit ihren inhaftierten Vätern zu ermöglichen und eine positive und unterstützende Erfahrung zu bieten. Diese Kinder stehen häufig vor besonderen Herausforderungen und benötigen dringend Momente der Freude und des Lernens.
Gemeinsam mit Wiebke Urbanski von der Landeskoordinierungsstelle, verantwortlich für die Angehörigenarbeit im Zaungastprojekt, und der katholischen Gefängnisseelsorgerin Ursula Soumagne-Nagler aus der JVA Waldeck, werden die Kinder mit ihren Müttern, Großeltern oder Pflegeeltern in den Rostocker Zoo eingeladen. Ein Zoobesuch bietet die für die Kinder Gelegenheit Tierarten zu beobachten und das Fehlen des Vaters zu verarbeiten. Nach einem gemeinsamen Start erkunden die Familien das Zoogelände, allein oder in kleinen Gruppen und trafen sich zum gemeinsamen Mittagessen. Am Nachmittag gibt es genügend Zeit, um die verschiedenen Stationen und Spielplätze im Zoo zu erkunden. Die Familien tauschen sich untereinander aus und nutzen das Gesprächsangebot der Gefängnisseelsorge. Diese Art von Angehörigenarbeit steht für den Austausch, um Trost und Hoffnung in den Zeiten während der Inhaftierung des Vaters zu finden. Das positive Feedback seitens der Angehörigen bestätigt, dass sie und die inhaftierten Väter gefördert werden können.
Unterstützung Angehöriger
Das Projekt „ZaunGast“ ermöglicht familiensensible Begegnungschancen für Kinder mit ihren inhaftierten Vätern. Es richtet sich an inhaftierte Väter, die unter den Bedingungen der Haft weiter an der Erziehung ihrer Kinder beteiligt sein wollen. In Einzelgesprächen können inhaftierte Vätern Unterstützung bekommen. Eine Vätergruppe gibt es zudem als Gruppenangebot. In der Vätergruppe geht es vorrangig um den persönlichen Austausch von Vätern, die meist mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Dabei gilt es Möglichkeiten, Wege zu finden, wie Kontakt aus der Haft heraus zu den Kindern gestalten werden kann. Darüber hinaus wird die Vätergruppe genutzt, um kleine Geschenke für die Kinder herzustellen (z.B. Feiertagsbasteln, Audiogeschichte einlesen). ZaunGast bietet Kind-Vater-Umgänge an, wobei die inhaftierten Väter drei Stunden zusätzliche Besuchszeit mit ihren Kindern verbringen können. Parallel zu den Kind-Vater-Umgängen findet das Angehörigencafé statt, welches in unmittelbarer Nähe angesiedelt ist. Dieses ist geöffnet für Angehörige, die an einem Austausch mit anderen Betroffenen interessiert sind und die Zeit des Kind-Vater-Umgangs in Gesellschaft verbringen möchten. Höhepunkte für die Familien stellen die Familienfeste in der JVA Waldeck dar, welche drei bis vier Mal im Jahr stattfinden.
UN Kinderrechtskonvention
Schätzungen zufolge sind in Mecklenburg-Vorpommern 1.500 Kinder von Inhaftierungen eines Elternteils betroffen. EU-weit sind es fast eine Million. Die Haft des Vaters kann für Kinder sehr belastend sein. “Wir wissen, dass Kinder inhaftierter Eltern eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, selbst inhaftiert zu werden. An dem Punkt wollen wir ansetzen und ein familiensensibles Angebot unter Wahrung der Rechte von Kindern und der Beachtung der Erziehungsverantwortung der inhaftierten Elternteile aufzubauen”, sagt die Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Jacqueline Bernhardt. Das Team der Gemeinschaft für soziale Therapie und Pädagogik engagiert sich als Organisation mit langjähriger Erfahrung sowohl in der Kinder- und Jugendhilfe als auch in der Straffälligenarbeit. “Wir sehen in den Beschlüssen der Justiz- sowie Familienministerkonferenzen der Länder eine realistische Chance auf die konkrete Umsetzung der Empfehlungen des Europarates zu Kindern inhaftierter Eltern und der UN Kinderrechtskonvention”, hoffen die Projektträger. In der JVA Waldeck sind zurzeit 74 Gefangene im geschlossenen Vollzug, die angeben, insgesamt 138 minderjährige Kinder zu haben. Das Projekt „Zaungast“ läuft seit November 2019. Träger ist die Gemeinschaft für soziale Therapie und Pädagogik – Luisenstrasse e.V. Bisher waren insgesamt 51 Gefangene und 85 Kinder im Projekt eingebunden.
Ursula Soumagne-Nagler