Weil es mit den „Flaggenmalern“ immer wieder Ärger gab, hat der Stadtrat in Köln die Straßenmalerei auf der Domplatte verboten. Im Beschluss spricht die Stadtverwaltung davon, dass die Flaggenmaler die Reinigungsbetriebe am frühen Morgen bedroht hätten, damit ihre Werke nicht weggekehrt werden. In Düsseldorf malt einer ohne Verbot in der Fußgängerzone. Das kommt bei den Passanten besonders an Silvester gut an.
Mit weißer Kreide zieht der Flaggenmaler kniend auf einer Gummiunterlage die Umrisse einer neuen Flagge. Er malt sie alle in Herzform. Mühsam sieht das aus, zumal das runde Werk auf einen Durchmesser von mehr als sechs Metern kommt. Die Menschen bleiben stehen, machen ein Foto und legen Kleingeld in eine ebenfalls als Herz geformte Blechbüchse. Die Botschaft im großen Herz ist eindeutig und ein guter Wunsch für das Neue Jahr 2025: „Wir alle haben unterschiedliche Religionen, verschiedene Sprachen und Hautfarben, aber wir gehören alle zu einer einzigen Menschheit“, steht in englischer Sprache geschrieben.
Straßenkunst kommt an
Wer das Werk betrachtet, wird dazu aufgerufen etwas Kleingeld da zu lassen. Es ist eine Straßenkunst, die begeistert. Eine Frau sagt, sie habe „ihre Flagge“ schon entdeckt. Es ist die Georgische mit den vier roten Kreuzen. Überwiegend finden die Menschen das schön: „Das hat etwas von Solidarität und Gemeinschaftlichkeit. Lass die Künstler doch ein bisschen Geld damit verdienen. Die stören doch keinen“, meint ein Passant mit Kinderwagen. Wer ist die Person, die ihre Zeit auf der Straße malend verbringt? Der in eine Decke gehüllte Maler mit Nike-Schuhen kommt aus Osteuropa. Mehr will er nicht sagen. „Das ist eine schöne Botschaft, die er hier darstellt. Besonders für das Neue Jahr 2025 brauchen wir das dringlicher als je zuvor“, sagt eine ältere Frau und spielt auf die Zugehörigkeit „zur einzigen Menschheit“ in der Zerrissenheit der Welt an.
Herzen bewegt
In der Nacht wird das Werk wahrscheinlich durch die Böller und das Feuerwerk mit den vielen Menschen wieder zerstört werden. Doch dem ist nicht so. Am Neujahrestag sind die Herzen überwiegend fertiggestellt. Nur wenige leere Herzensumrisse im inneren Kreis sind zu sehen. An einigen Stellen ist das Kunstwerk verwischt, aber klar und deutlich zu erkennen. Eine Mutter mit Kind schaut sich jede Fahne einzeln an. Der Maler hat seine Herzens-Botschaft an die Menschen weitergegeben und sie damit bewegt: „Happy New Year 2025.“
Michael King