Am Sonntagnachmittag vor der jährlichen Studientagung treffen sich 7 KollegInnen in Erfurt zur Tagung der Arbeitsgemeinschaft Frauenvollzug. In den Einheiten bis Montagvormittag liegen einige „Schlüsselbegriffe“ im Dienst des Frauenvollzuges als Anregung zur Diskussion und zum Austausch im Mittelpunkt.
Mörderin neben Ersatzfreiheitsstraflerin
Jede und jeder der GefängnisseelsorgerInnen, die im Frauenvollzug tätig sind, wählen die Begriffe, die sich auf ihren Einsatz beziehen und die ihre jeweilige Arbeitssituation beschreiben. So wird ein All-in-Vollzug geschildert mit allen Vollzugsformen: Junge Mädchen ab 14 Jahren bis hin zu den Lebensälteren, Untersuchungs-, Ersatz-, Straf-, Auslieferungs- und Zivilhaft sowie der Sicherungsverwahrung (SV) oder der Sozialtherapeutischen Abteilung (SoThA). Eine „Mörderin“ ist neben einer Gefangenen mit einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Verurteilung im Rahmen organisierter Kriminalität inhaftiert. Ein buntes Potpourri in einer zwangsweisen Lebensgemeinschaft.
Keine „Erlösung“ auf Kopfdruck“
Diese „bunte Mischung“ führt unweigerlich zu Schwierigkeiten im Justizvollzug. Wie kann eine Nähe in Distanz in aller Distanzlosigkeit hergestellt werden? Die Gefängnisseelsorge ist als eine Begleitung gedacht und keine „Erlösung“ einiger Problematiken auf Knopfdruck. Mithilfe von Begriffen wird die Realität im Frauenvollzug bei diesem Treffen benannt. „Aus einer Opfer-Situation kann eine Täterin hervorgehen“, sagt Maria Mauch, die in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen tätig ist. Manche der Frauen sind Wiederholungstäterinnen. Wie kann eine werdende Mutter im Strafvollzug sein und ihre Geburt gestaltet werden? Solche Fragen beschäftigen die Seelsorgenden im Frauenvollzug. Hier sind Männer und Frauen tätig. Die Geschlechtszugehörigkeit kann eine wichtige Rolle spielen. Wie reagiert z.B. ein Mann der Gefängnisseelsorge auf eine weibliche Inhaftierte im Vollzug?
Besuchtskontake zu Kindern
Frauen sind eine Minderheit im Strafvollzug. In Deutschland verbüßen ca. 3.000 weibliche Inhaftierte gegenüber 60.000 männlichen Inhaftierten eine Freiheitsstrafe im geschlossenen Vollzug. So erfreulich die geringe Zahl weiblicher Gefangener aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive ist, so unerfreulich ist die Tatsache, dass der Justizvollzug der gendergerechten Behandlung von Frauen in Strafvollzug kaum Rechnung tragen kann. Ein Thema hat im Frauengefängnis große Bedeutung: Kinder. Einige der Frauen sind bereits Mutter, wenn sie in Haft kommen, und die große Frage ist, was mit den Kindern passiert. „Wenn ein Mann in Haft kommt, ist meist klar, dass sich die Frau um die Kinder kümmert. Wenn die Frau in Haft kommt, dann ist das ein Problem,“ so die GefängniseelsorgerInnen im Frauenvollzug. Zwar können die Kinder ihre Mütter meist im Gefängnis besuchen – aber die Besuche finden häufig in einem Besucherraum unter Aufsicht statt. Ein ungehinderter Telefonats- und Besuchskontakt zu den Kindern sollte selbstverständlich sein.
Maria Mauch