parallax background

Arbeit des Seelsorgers in der JVA Frankenthal

16. Januar 2023

Gefängnisseelsorger Manfred Heitz vor der Aufnahmekamera in der Knastkapelle.

Gar nicht so einfach, in die Kapelle oder in das Büro des Seelsorgers der Justizvollzugsanstalt zu gelangen: Terminvereinbarung im Voraus mit Manfred Heitz, Anmeldung an der JVA-Pforte, Maske auf, Smartphone und Personalausweis abgeben. Manfred Heitz steht im Hof bereit, begleitet die Besucherin oder den Besucher über endlos erscheinende Flure, Treppen, ungezählte Absperrtüren, die er aufschließt, wieder abschließt. Für Neulinge ein beklemmendes Gefühl.

Im hinteren östlichen Querbau ganz oben ist sein Büro, ein wohnlicher Raum, ein runder Tisch und Stühle in der Mitte, eine Kerze wird angezündet, Kaffee angeboten. Eine Willkommensatmosphäre – trotz der dicken Fenstergitter. So ist das auch, wenn er mit den Häftlingen, Männer in dieser JVA, ins Gespräch kommt. 420 Zellen gibt es, meist mit Einzelbelegung. In jeder Zelle liegen Anmeldezettel, wenn jemand mit ihm Kontakt aufnehmen möchte. Nach dem Frühstück werden sie ausgefüllt eingesammelt, an ihn weitergegeben. Entweder verabredet sich der Seelsorger mit ihnen in der Zelle, in seinem Büroraum oder auch in der Kapelle.

Erst Physiklaborant

Manfred Heitz wuchs in der Ludwigshafen-Pfingstweide auf, wurde bei der BASF zum Physiklaboranten ausgebildet, merkte aber, dass ihm der Umgang mit Menschen fehlte. Er holte das Abitur nach, studierte Theologie mit dem Ziel, als Pastoralreferent ihnen nahe zu sein. Sieben Jahre arbeitete er in Pfarreien, bis er vom Bischof mit der Seelsorge in der Frankenthaler JVA beauftragt wurde. Seit zehn Jahren ist er nun hier beruflich vor Ort. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder. Immer noch findet er Zeit, seit vielen Jahren als Mitglied in einer Band die Gitarre zu spielen. Das kam ihm in der Interimszeit ohne einen Chorleiter für die Gestaltung der Gottesdienste zugute.

Vermittelt Wertschätzung

Das Gespräch mit ihm über seine Arbeit in der JVA vermittelt neue Perspektiven im Umgang mit den Inhaftierten: Die Gefangenen haben Bedürfnisse wie wir alle, haben gute und schlechte Seiten, wie jede und jeder. Sie sind straffällig geworden, weil sie sich über die Regeln hinweggesetzt haben, kriminelle Taten verübt haben. Das Gefühl, weggeschlossen zu sein als Folge der Verurteilung und oft auch die Trennung von der Familie sind bedrückend. Da kann ein Seelsorger helfend und verständnisvoll zur Seite stehen. Er vermittelt ihnen seine Wertschätzung, hört ihnen zu, im Einzelgespräch oder in einem Gesprächskreis.

Auch mit den Angehörigen nimmt er auf Wunsch Kontakt auf. Die Inhaftierten können sich ihm vertrauensvoll öffnen. Für Manfred Heitz ist die Schweigepflicht so bindend wie das Beichtgeheimnis. Und es gibt Situationen, wo die Gefangenen verzweifeln möchten, zum Suizid neigen. Einfühlungsvermögen und Zuwendung sind da angesagt. Die unabdingbare Schweigepflicht gibt Insassen die Sicherheit, dass alles Gesagte unter vier Augen bleibt und nicht gegen sie verwendet werden kann. Als Seelsorger begleitet er sie auf dem Weg zu einem möglichen sinnerfüllten Leben nach dem Strafvollzug. Ein Seelsorger in der JVA ist auch für die Bediensteten da. Die Belastungen im Umgang mit den Inhaftierten sind oftmals sehr groß, da kann ein mitfühlendes Gespräch oder Wort zur Entlastung helfen.

Die Knast-Kapelle

Die Kapelle ist ein Ort des Heils, mit Sicherheit der schönste Raum in der JVA. Schon die breite Holztür, nicht wie andere aus schwerem Metall, weist auf die Andersartigkeit des dahinter liegenden Raumes hin. Er öffnet sich weit und einladend, Stühle stehen in Reihen zur Altarecke hin geordnet mit viel freiem Platz in der Mitte. .Auffallend ist das eindrucksvolle Fensterband, aus vier Bildern bestehend, an der Längswand, vorwiegend mit blaugrauen und roten Glas-Einlassungen durch Betonfugen gegliedert. Bei gedämpftem Tageslicht erkennt ma n Motive aus der neutestamentlichen der Engel mit den drei Frauen am Grabe als Zeichen der Auferstehung Jesu. Sie wurden im Jahr 1976 von dem Künstler Günther Zeuner gestaltet.

Neben der Tür der Tabernakel und das Ewige Licht, eine Besonderheit in diesem Raum. Auffallend ist der große, ausgebreitete silberne Flügel an der Wand über dem in der Ecke platzierten Altar. Er wurde bei der Neugestaltung der Kapelle im Jahr 2010 von der Künstlerin Michaela Karch entworfen. Dieser Flügel scheint über allem und allen zu schweben. Die Gefangenen selbst haben sich für diesen Entwurf der Künstlerin entschieden. Sein Anblick erinnert an die Liedstrophe „… der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet …“ Ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit kann die silberne Schwinge den Inhaftierten vermitteln.

Einmal in der Woche bereitet Manfred Heitz einen Gottesdienst vor, zu dem alle eingeladen sind. Viele kommen, unabhängig von ihrer religiösen Einstellung. Seit einiger Zeit gibt es wieder einen engagierten Chorleiter, Dieter Pannier, der mit den Männern Lieder einübt und die Instrumentenspieler unter den Inhaftierten mit einbezieht. Das ist ein Erfolgsmodell und bereitet den Mitwirkenden große Freude, hebt sie für die Zeit des Gottesdienstes aus der Eintönigkeit heraus, vermittelt das Gefühl der Verbundenheit. Im hauseigenen TV-Kanal werden die Gottesdienste übertragen.

Kooperationen

Mit der protestantischen Pfarrerin, Dorothea Niederberger, die auch für die Betreuung in der JVA zuständig ist, steht er im regen Austausch. Seit drei Jahren kommt ein Vertreter muslimischen Glaubens für vertrauliche Gespräche in die JVA. Er ist Angestellter der Haftanstalt, während der katholische Seelsorger und die protestantische Pfarrerin in den Diensten ihrer jeweiligen Kirchen stehen und unabhängig agieren. Auch Ehrenamtliche stehen den Gefangenen als Vollzugshelfer beratend zur Seite: Etwa alle zwei bis vier Wochen werden Gespräche mit ihnen vermittelt. Wünschenswert wäre es, wenn sich dafür noch zwei oder drei jüngere Männer zur Verfügung stellen würden.

Wertschätzung vermitteln den Gefangenen die Gottesdienste mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Weihbischof Otto Georgens. Auch andere Geistliche aus Speyer und Frankenthal waren schon vor Ort, immer besondere Erlebnisse im durchstrukturierten Alltag der Inhaftierten. Manfred Heitz bedauert sehr, dass die Aktion der Lebensmittelspenden in der Weihnachtszeit für die Gefangenen, die seit mindestens 25 Jahren Bestand hatte, aus Sicherheitsgründen seit 2020 untersagt wurden. Damit wurde eine persönliche Zuwendung der Pfarreimitglieder in Frankenthal unterbunden. Geldspenden nimmt er seitdem dankbar entgegen und setzt sie durch Einkäufe in Geschenke für diejenigen Inhaftierten um, die keine familiären Bindungen haben, das sind 120 bis 130 Personen in der JVA.

Heilsgeschichte: Jesus als Ecce Homo, die Kreuzigung, das Bildnis der Pietà und die Auferstehung.

Wer die Arbeit des Seelsorgers Manfred Heitz näher kennenlernen möchte, der kann sie über seine Webseite www.knastprediger.de verfolgen. Dort wird unter dem Titel „Gefängnisseelsorger“ auf Dokumentationen des SWR hingewiesen, die Ihnen gute Einblicke vermitteln. Seit Beginn der Pandemie produziert Manfred Heitz wöchentlich für die Inhaftierten – aber auch für die „Außenwelt“ zugänglich – Videopredigten auf YouTube youtube.com@/knastprediger und Instagram www.instagram.com/knastprediger

Katrin Specht | www.pfarrei-frankenthal.de

 

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert