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Ja, aber Nein doch. Leben in Kurzfassung

31. Mai 2019

Petrus Ceelen ist ein geistlicher Schriftsteller und Aphoristiker. Ceelen studierte katholische Theologie in Belgien und an der Universität Mainz. Er absolvierte eine Zusatzausbildung in Gesprächstherapie. Von 1975 bis 1991 war er als Gefängnisseelsorger in Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg tätig. Von 1992 bis 2005 arbeitete er als Seelsorger für HIV-Infizierte und an AIDS-Erkrankte im Großraum Stuttgart. Ceelen veröffentlicht sein neues Buch mit dem Titel „Ja, aber NEIN doch – Das Leben in Kurzfassung.“ Hier drei Texte daraus.

 

Kon Dom

Kondom,
die Konkathedrale
hat nichts am Hut
mit dem Hütli,
dem Verhüterli.

Kondom,
der kleinste Dom
dieser Welt
warnt ohne Worte:
Sei auf der Hut!

Der Geist ist willig,
das Fleisch ist schwach,
predigt der Pfarrer.
Und der Lümmel weiß,
wovon er redet.

Kondom, Pariser, Gummi.
Präservativ, Verhüterli, Lümmeltüte,
der Glasschuh unserer Generation.

Anders sein

Die Andersaussehenden
sehen innen
auch nicht anders aus
als ich.

Die Andersdenkenden
denken auch,
dass sie richtig denken,
genauso wie ich.

Die Andersgläubigen
glauben auch
an den Ganz-Anderen,
aber anders als ich.

Die anderen
sind alle anders als ich
und andererseits
bin ich ihr anderes Ich.

Sehe ich die anderen
mit ihren Augen,
sehe ich sie und mich
mit anderen Augen.

Verkehrtherum

Manche verkehren
verkehrtherum.
Seitenverkehrt.

Alles hat zwei Seiten:
Keine Seite ist richtig,
kein Verkehr verkehrt.

Die vom anderen Ufer
lieben auch nicht anders
als die vom anderen Ufer.

In Deutschland gibt es 3 Millionen Schwule und Lesben,
so viele haben auch eine Katze.
Wie viele Menschen kennen Sie mit einer Katze?
Vielleicht haben Sie selbst eine…


Mensch ist Mensch

Mancher Mord mag noch so unmenschlich erscheinen; der Täter ist ein Mensch, kein Monster, keine Bestie. Auch der sogenannte Unmensch zeigt, wozu wir Menschen fähig sind. Jeder Straftäter ist ein Mensch, auch wenn ihm das Menschsein abgesprochen wird. Das Gefühl, kein Mensch mehr zu sein, ist das Schlimmste, was man einem Menschen nehmen kann. Auch durch das Eingesperrt sein wie ein Tier im Käfig können Insassen das Gefühl verlieren, noch ein Mensch zu sein. Indem wir jeden Gefangenen als Menschen ansehen, geben wir ihm Ansehen, Würde zurück. Wir begegnen auch dem Straftäter, der eine menschenverachtende Tat begangen hat, mit Hochachtung. Das hilft ihm, vor sich selbst wieder Achtung zu bekommen.

„Liebe deinen Nächsten, er ist ein Mensch wie du“, so übersetzt Martin Buber das Gebot der Nächstenliebe. Der Straftäter ist ein Mensch wie du. Er trägt in seinem Herzen die gleiche Sehnsucht wie du. Er möchte, was auch du möchtest: angenommen werden, geliebt sein, so wie er ist. Er ist ein Mensch wie du. Du bist ein Mensch wie er. Du hast zwar nicht wie er jemanden ausgeraubt oder umgebracht, aber auch du trägst eine Menge krimineller Energie in dir. Auch du hast in Gedanken schon das eine oder andere Ding gedreht, in deiner Fantasie wohl schon jemanden um die Ecke gebracht. Auch du bist auf das Erbarmen Gottes angewiesen, auch du lebst von der Vergebung – jeden Tag neu. Nein, wir haben keinen Grund uns über Straftäter zu erheben. Schließlich kommen wir von der Kirche, die in ihren eigenen Reihen nicht wenige Priester und Diakone zählt, die ungezählte Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben, auch wenn sie dafür von keinem Gericht verurteilt wurden.

Petrus Ceelen | Ja, aber nein doch. – Das Leben in Kurzfassung – Dignity Press

 

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