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Bund der Ehe: Der Mensch ist kein „süßes Stückle“

4. August 2019

Eine Rede zur Trauung.

Schön, dass wir hier alle beisammen sind – Angehörige und Freunde von Natia und Dirk. Die beiden möchten in unserem Beisein sich noch einmal ganz feierlich das JA-Wort geben. Ich freue mich, dass ich hier etwas sagen darf, denn normal rede ich nur bei Beerdigungen. Doch das hier ist keine Trauerfeier, sondern ein Trouwfeest, wie wir in Belgien sagen.

Dirk und Natia trauen sich, sie trauen sich die Ehe zu. Im Mai wart ihr auf dem Standesamt. Seitdem seid ihr offiziell verheiratet. Für euch beide ist Eure Trauung mehr als ein Verwaltungsakt. Ihr spürt, dass es noch eine andere, eine höhere Ebene gibt, etwas über uns. Auch wenn wir nicht (mehr) an einen Gott glauben können, so ahnen wir doch, dass es mehr gibt als wir sehen. Wenn wir nur das für wahr halten, was wir erklären können, dann verstehen wir nicht viel.

Es gibt so manches, was wir nicht begreifen, mit unserem Verstand nicht greifen, fassen können. Was wir auch nicht erklären können, warum zwei Menschen sich lieben. Dafür mag es Vernunftgründe geben, aber die allein reichen als Erklärung nicht aus. Es heißt, dass Körpergeruch bei der Wahl des Partners eine entscheidende Rolle spielt. Ich kann dich gut riechen, sagen wir. Natia und Dirk haben ein gutes Näschen, sie können sich gut riechen, finden Geschmack aneinander. Liebe geht durch die Nase. Und Liebe geht auch durch den Magen.

Ihr beide seid Meister im Kochen. Kochen ist verwandeln. Kaltes in Warmes, Süßes in Saures, Hartes in Weiches. Und aus dem Weichen machen Köche etwas Knuspriges oder etwas Schaumiges oder etwas Schmelzendes. Köche sind Verwandlungskünstler. Sie machen aus einem Pudding einen creme brulée. Und du, Dirk, machst aus ein wenig Teig Bubenspitzle. Du rollst sie mit deinen Händen. Handgemachte Bubenspitzle. Noch leckerer als belgische Pommes Frites!

Man muss kein Gourmet sein, um zu wissen: Zu zweit schmeckt das Leben besser. Allein zu essen, das ist nicht schön. Erst recht nicht im Restaurant. Abends allein ins Bett zu gehen und morgens allein aufzuwachen ist auch kein Vergnügen. In  der Bibel heißt es schon auf Seite eins: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Mit allem im All all-ein. Viele Menschen sind immer noch auf der Suche nach dem Richtigen, der richtig zu ihnen passt. Es genügt nicht, dass nur die Beine zusammenpassen.

Vor langer, langer Zeit hatte der Mensch vier Arme, vier Beine. Und der Mensch war Mann und Frau zugleich. Den Göttern war der Mensch zu stark und so wurde er geteilt, halbiert. Die Menschen hatten nur noch  zwei Arme und zwei Beine. Und sie waren nur noch Mann oder Frau. Die getrennten Teile wurden über die ganze Erde zerstreut. So konnten sie nicht mehr erkennen, wer zu wem gehört. Nur eine Art Instinkt brachte die Menschen dazu, sich einander zu nähern. Wenn einer die wahre Hälfte findet, so hört die Liebe nimmer auf.

Ob unser Partner der Richtige ist, das erfahren wir dann, wenn er nicht da ist. Als du Natia in Georgien warst, hat Dirk dich vermisst. Ihr habt beide gespürt: du fehlst mir. Das ist ein gutes Zeichen, das zeigt, dass ihr euch liebt.

 

Sie wird nicht verbittert und trägt nicht nach.
Die Liebe duldet nicht, das Unrecht geschieht.
Sie ist erst glücklich, wenn jeder sein Recht bekommt.
Die Liebe glaubt an das Gute.
Sie gibt Vorschuss an Vertrauen auch ohne Beweis.
Die Liebe hofft, auch gegen alle Hoffnung.
Sie gibt den anderen nicht auf.
Die Liebe erträgt alles, hält allem stand. Sie hört niemals auf.


Die Liebe hört niemals auf. Auch nicht mit dem Tod. Ich kenne viele, die nach dem Tod des Partners noch enger und inniger mit ihm verbunden sind als zu Lebzeiten. Es heißt: Liebe macht blind. Ja, wenn wir verliebt sind, blenden wir manches aus, sehen nur die Schokoladenseiten am anderen. Mit der Zeit gehen uns die Augen auf und sehen, dass mein Süßer, meine Süßeste auch ganz schön sauer sein kann. Ein Mensch ist kein süßes Stückle.

Wer einen Menschen liebt, ist nicht blind. Er sieht den anderen so wie er ist, wirklich ist. Das ist der Sinn, wenn wir sagen: Ich habe dich ganz lieb – mit allem, was zu dir gehört. So wie du bist, liebe ich dich. Es gibt nichts Schöneres als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder trotz seiner selbst (Victor Hugo). Ich werde geliebt, auch wenn ich nicht immer lieb bin, dennoch bin ich liebenswert, wert geliebt zu werden.

Wenn zwei sich wirklich lieben, dann brauchen sie voreinander nicht immer stark sein, dann kann, darf einer vor dem anderen auch schwach sein, seinen Schwäche zeigen und weinen. Es tut gut sich an der Schulter des anderen ausweinen zu können. Dass zwei Menschen zusammen gehören, heißt nicht, dass einer dem anderen gehört. Jeder bleibt ein eigenständiger Mensch.

Liebe, sagt Erich Fried, heißt: Dich dich sein lassen. Dich so sein lassen, wie du bist. Den anderen anders sein lassen.

Wer – so wie ich – schon lange verheiratet ist, neigt trotzdem immer wieder dazu, den anderen ändern zu wollen. Dabei haben wir vergessen, dass wir ihn einst geliebt haben, weil er so anders war als wir. Dich dich sein lassen.Ihr beide meint es ernst und gebt einander Euer Ja. Und dieses Ja ist vielmehr als ein Wort. Es will in der Tat täglich mit Leben gefüllt werden. Ich freue mich, dass Ihr beide einander Euer Ja schenkt. Ja, mit Dir an meiner Seite möchte ich meinen Weg weiter gehen. So wie Gott Euch beide liebt, möchtet Ihr einander lieben. Bedingungslos, ohne Wenn und Aber.  Unbedingt möchtet ihr zueinander stehen – Auch, ja gerade in schwierigen Zeiten. Ich weiß nicht, ob es Euch so geht, aber mich rührt es an, wenn ich ein altes Pärchen sehe, das sich immer noch die Hand hält. Ihre Liebe berührt mich. Gott weiß, was sie auf ihrem langen Weg durchzustehen hatten, aber nichts konnte sie voneinander trennen. Ihre Liebe hat allem stand gehalten.

Diese Liebe zwischen zwei Menschen ist und bleibt für mich das Schönste, das Größte, wozu wir Menschen fähig sind. Die lebenslange Liebe imponiert mir sehr viel mehr als eine Mondlandung, viel mehr als ein Weltmeistertitel. Natürlich weiß ich auch, dass es nicht immer nur die reine, die pure Liebe ist, die zwei Menschen ein leben lang zusammenhält. Und dennoch gibt es eine innere Kraft in uns, die uns dem anderen zuliebe alles tun, alles aushalten lässt. Ich staune immer wieder, was ein Mensch dem anderen zuliebe alles aushält. Gerade weil es immer mehr Menschen gibt, die den Glauben an die Liebe verloren haben, gerade weil so viele Ehen in die Brüche gehen, gerade deshalb ist es so wichtig, dass es Paare gibt, die zeigen: Doch es ist möglich,  Freud und Leid miteinander zu teilen und in gegenseitiger Liebe  verbunden zu bleiben. Und so hoffen und wünschen wir, dass Eure Liebe in all den Jahren weiter wachsen möge und ihr miteinander glücklich werden möchtet. So sei es. Amen.

Zu eurer Hochzeit habe ich extra ein neues Büchlein geschrieben: „Ja, aber nein doch.“ Die Kurzfassung des Lebens. Es fällt uns schwer Ja zu sagen zu uns selbst, zu unserem Leben, zu unserem Partner. Unser Ja ist oft ein: „Ja, aber… ein Ja, wenn…“ Unser Ja ist oft ein halbes Nein. Ich bin froh, dass ihr beide zueinander einfach JA gesagt habt und nicht: Ja, aber nein doch.

Petrus Ceelen

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