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Segen vom Parkdeck der Justizvollzugsanstalt Bochum

5. Juni 2021

Den wenigsten ist bekannt, dass die Stadt Bochum drei Justizvollzugsanstalten beherbergt. Diese drei Gefängnisse sind in sich völlig selbstständig und auf unterschiedliche Vollzugsziele hin ausgerichtet. In den letzten Jahren gibt es im Rahmen einer Fronleichnamsprozession der Bochumer Propsteipfarrei mehrere Segensstationen an bedeutenden sozialen Orten der Stadt. In den Pandemiejahren wird diese Tradition fortgeführt. Es ist allerdings eine kleine Prozessionsgruppe, die stellvertretend das Altarssakrament in der Monstranz und den Segen Christi hinaus in die Stadt bringt. So auch zur JVA Bochum auf deren Parkdeck.

Die Monstranz auf dem Parkdeck der JVA. Foto: Peter Bräutigam

In der neuen Sozialtherapeutischen Anstalt in Bochum mit ihren 80 Haftplätzen werden in acht Wohngruppen zugewiesene schuldfähige Sexual- und Gewaltstraftäter behandelt. Der Offene Vollzug mit 200 Haftplätzen bietet in Haft zahlreiche Ausbildungen und Ausbildungsmodule an, Landschaftsgärtner und Energieanlagenelektroniker etwa. In der Bochumer Hauptanstalt „Krümmede“ mit fast 800 Haftplätzen und einer wegen Umbaumaßnahmen derzeitigen Belegung von gut 600 Inhaftierten sitzen neben den Untersuchungshaft Gefangenen hauptsächlich Wiederholungstäter ein, Langstrafige und zugewiesene Kurzstrafige bestimmter Landgerichtsbezirke. Die Fronleichnamsprozession der Stadtpfarrei hielt genau hier eine Statio ab.

Parkdeck als Statio

Nach Segensstationen am Vinzenz-Kinderheim, an der Polizeiwache, der Synagoge, der Lutherkirche und einem Obdachlosenwohnheim, sind die Justizvollzugsanstalten in Bochum der letzte Ort der Prozession. Sie wird live im YouTube Kanal gestreamt. Vom JVA-Parkdeck hat man einen guten Blick auf das Gelände der zwei Vollzugsanstalten. Nach zweistündigem Weg trifft die Propsteidelegation von St. Peter und Paul mit MessdienerInnen, ehrenamtlichen und hauptamtlichen MitarbeiterInnen, einer Trompeterin und dem Propst Michael Ludwig ein. Sie tragen abwechselnd auf dem Weg das Allerheiligste.

Steh auf und iss

Interessierte Inhaftierte sind informiert und können von Weitem Anteil nehmen, soweit ihr Zellenfenster den Blick frei gibt. Das Allerheiligste steht in der Höhe auf einem Tischchen. An diesem ist ein Holzschnittbild angebracht, den Engel zeigend, der dem lebensmüden Elija zuruft: „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich“. Die Hintergründe zu diesem Ort hinter den Mauern und deren Menschen, sind mehr als eine Information. Alle die hier inhaftiert sind, die als Bedienstete hier arbeiten und die ihnen verbunden sind, werden dem Segen Christi anempfohlen.

680 Inhaftierte

Zuerst wird die Gruppe der derzeit 680 Inhaftierten beider Anstalten genannt, den Untersuchungshaft Gefangenen, der Strafgefangenen, derer, die nur wenige Wochen hier sein müssen und derer, die ein halbes Leben schon im Gefängnis sind – bis zu 40 Jahren. 40 ist auch die Zahl der Wüstenwanderjahre der Israeliten in mosaischer Zeit. Müdigkeit, Verzweiflung, Regression spielten damals genauso eine Rolle wie bei den Inhaftierten heute. Das himmlische Manna als tägliche Stärkung gehört zum Wüstenweg, wie auch Wasser und Brot des Engels für den lebensmüden Elija und das ermutigende Wort: „Steh auf und iss!“ Das Kapellenfenster der JVA im vierten Obergeschoss ist ein Lichtblick für viele. Die vorpfingstliche Gemeinschaft von Jüngerinnen und Jüngern traf sich im abgeschlossenen Obergeschoss. Bochumer Gefangene tun dies jeden Sonntag um 7.50 Uhr im Gottesdienst mit dem stärkenden Brot vom Himmel.

Die Mauer der Anstalt

Die Familien der Inhaftierten, die Bediensteten und deren Familien, die Ehrenamtlichen und die Menschen, die durch Straftaten geschädigt wurden, die vielen Opfer, dürfen an diesem Ort nicht vergessen werden. Der Hinweis, dass die Gefängnismauer um beide Anstalten am Ruhrstadion mit ihrer Länge von 1,5 km genau halb so lang ist wie die Umgrenzung des Vatikans, dass aber insgesamt in der JVA Bochum mehr Menschen leben und arbeiten als im Papststaat, löst Erstaunen und Schmunzeln aus. Nach Fürbittgebet, vorgetragen von einem JVA-Bediensteten, erteilt der Propst in luftiger Höhe den Menschen und dem berüchtigten Ort des Gefängnisses den Segen. Bei der Verabschiedung signalisiert ein Teilnehmer der Pfarreigruppe sein Interesse an ehrenamtlicher Betreuung und meldet sich verbindlich dafür an. Liturgie und Diakonie passen gut zusammen. Das zeigt schon die Auswahl der Segensorte.

Alfons Zimmer | JVA‘ en Bochum

 

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