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Schlichten statt Richten – Leitmotiv und Auftrag

22. November 2019

Johannes Jasper ist seit einem Jahr Vorsitzender des Kirchlichen Arbeitsgerichts für das Erzbistum Paderborn. Vor etwa fünf Jahren wurde er zum Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgerichts Hamm berufen. Im nachfolgenden Interview zum Themenspezial “Hoffnung” nimmt er Stellung zu seinen Aufgaben am Arbeitsgericht, seinen Antriebsfedern sowie zu Situationen, in denen er Hoffnung schöpft.

Was verbinden Sie persönlich mit Hoffnung? Gab es für Sie Lebenssituationen, wo die eigene Hoffnung einen großen Raum einnahm?

„Hoffnung ist mir eine starke Antriebsfeder. Gepaart mit Vertrauen und dem mitunter begleitend erforderlichen Selbstvertrauen hilft sie, in schwierigen Situationen weiterzumachen. Das gilt in beruflichen Angelegenheiten und natürlich auch ganz persönlich.“

Ist der Begriff „Hoffnung“ in der Rechtsprechung verankert oder könnte man ihn anwenden?

„In der Rechtsprechung selbst eher weniger, wenn man damit das Urteil oder die sonstige gerichtliche Entscheidung im Blick hat. Da haben andere Maßstäbe wie Recht, Gesetz und die im Verfahren gewonnene Überzeugung klar die Oberhand. Der Weg dorthin ist allerdings von vielerlei Hoffnungen und natürlich auch Wünschen begleitet. Mitunter liegt dort der Schlüssel für einen für alle Beteiligten gangbaren Lösungsweg.“

Welche Hoffnung haben Sie in Bezug auf Ihr Amt?

„Schon einige. Ich hoffe, die mir angetragenen Fragen in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht vollständig durchdringen und überblicken zu können. Ich hoffe, mit den erlernten Methoden Lösungswege zu finden, die der Rechtslage entsprechen, die zugleich auch interessengerecht sind und die ich selbst mit Überzeugung darstellen und vertreten kann. Am meisten hoffe ich, dass ich mit meinen Argumenten überzeugen kann, was vielfach gelingt. Dann bin ich dankbar, die richtigen Worte oder die richtige Ansprache gefunden zu haben. Die Hoffnung auf Einsicht und Überzeugung ist allerdings auch die am häufigsten enttäuschte Hoffnung”

Was glauben Sie:  Menschen, die auf ein Urteil – im Besonderen auf ein Urteil des Arbeitsgerichts –  warten, bewegt welche Hoffnung?

„Wir haben eine breite Palette von möglichen Streitgegenständen, obwohl das Arbeitsrecht ja nur einen kleinen Ausschnitt der Rechtsordnung darstellt. Aber mitunter geht es bei uns um Existenzen. Nehmen wir die typische Kündigungsschutzklage, deren Ergebnis für den Arbeitnehmer wie für den Arbeitgeber mit dramatischen wirtschaftlichen und persönlichen Folgen verbunden sein kann. Daraus folgen im Gerichtssaal spürbar werdende Hoffnungen und auch Erwartungen an das Gericht. Das am Ende jeder auf das für sich bestmögliche Ergebnis hofft ist verständlich.“

Wie sehr schöpfen Sie bei Ihrer Arbeit aus der Katholische Soziallehre?

„Sicherlich deutlich mehr, als mir das im Alltag bewusst ist. Meine Eltern kamen aus dem Handwerk und der Landwirtschaft, beide waren überzeugte Katholiken. Mein Vater war über 60 Jahre im örtlichen Kolpingverein aktiv. Ich glaube, da habe ich eine Menge mitgenommen.“

„Schlichten statt Richten“ – bedeutet für Sie?

“Für einen Arbeitsrichter ein Leitmotiv und gesetzlicher Auftrag zugleich. Für den Bereich der kirchlichen Arbeitsgerichtsbarkeit sogar das Ziel meiner Arbeit, weil die Beteiligten nach einem Prozess wieder zu einem einvernehmlichen Miteinander zurückfinden sollen und müssen. Für mich ganz persönlich ein Stück meiner Grundüberzeugung. Eigentlich mag ich keine Urteile.”

Das Interview mit Johannes Jasper führte Ronald Pfaff

 

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