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Eine inhaftierte Mutter erzählt ihrer Tochter

26. Juli 2019

“Das ist schon schlimm, dass du hier bist, weil du bei mir sein sollst. Aber ich komm dich ja immer besuchen und du mich auch und das ist schön.” Als ich meine fünfjährige Tochter gefragt hatte, wie sie es findet, dass Mama im Gefängnis ist, kam genau diese Antwort. In mir hat sich alles zusammen gezogen und ich hätte am Montag liebsten geheult. Doch ein Blick in ihre wunderschönen blauen Augen und das Lachen hat mir Mut gegeben.

Auch wenn sie noch so jung sein mag und vielleicht noch nicht alles versteht, bin ich mir sicher, dass sie eine ganze Menge mitbekommt. Für sie mag das Gefängnis ein großer Spielplatz sein, der zweimal im Monat für sie und mich geöffnet hat. Wo man sich Süßigkeiten am Automaten kaufen kann, wo man nicht nur drinnen, sondern auch draußen spielen kann, wo es einen Raum für sie und mich gibt. Wir sollten unseren Kindern die grausame Wahrheit nur zum Teil beibringen, nur um ihnen nicht noch mehr weh zu tun. Meiner Meinung nach sollten wir unsere Kinder schützen und mit der Wahrheit ihnen gegenüber behutsam umgehen.

Ein Kind begegnet seiner Mutter nur in bestimmten Räumen für Besucher der JVA. Darum kennt es “das Zimmer” seiner Mutter nicht und macht sich seine ganz eigenen Vorstellungen.

Die Mam wohnt jetzt hier, in einem großem Haus, was sich Justizvollzugsanstalt nennt. Sie hat ihr eigenes Zimmer und wohnt mit vielen anderen Muttis/Frauen zusammen. Wenn ich meine Kleine mit zu mir nehmen würde, dann würde sie in allem etwas Positives sehen. Wir würden ein Wettrennen über den Gang machen und uns dann auf Mamas Bett oder in ihren Augen gesehen Hüpfburg schmeißen. Wenn wir die Decke übers Bett hängen lassen, haben wir eine Höhle, und das Fach am Schreibtisch ist das Geheimfach. Ich mache mir viele Vorwürfe und verachte mich selbst. Wie kann ich meinem Kind nur so weh tun – ich wollte sie doch nur beschützen.

Mittlerweile habe ich gelernt, nicht mehr alles negativ zu sehen. Was bringt es meiner Kleinen, wenn sie eine kaputte Mama hat, denn ich muss stark sein, denn ich habe ihr gegenüber immer noch eine große Verantwortung. Auch wenn es sich widerspricht, es ist noch meine Pflicht. Ich möchte meiner Tochter immer eine gute Mutter sein und sie schützen. Sie hat es nicht verdient, Schmerz zu empfinden. Darum versuche ich stets mein Bestes zu geben, dass es ihr gut geht, es ihr an nichts fehlt. Sie glücklich und in guten Händen zu wissen, beruhigt mich ungemein. Wir sollten unseren Kindern dankbar sein und ihnen es jedes Mal zeigen, denn sie tragen in ihren jungen Jahren schon eine enorme Last auf ihren noch sooo kleinen Schultern. Ich glaube, wir sollten auch öfter versuchen, die Welt mit Kinderaugen zu sehen, mit einer gewissen Leichtigkeit und Unbeschwertheit.

Eine inhaftierte Mutter | JVA Chemnitz

 

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