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Im Gefängnis geht es nicht um das Missionieren

6. März 2019

Zwischen Wiesen und Äckern, umgeben von hohen Mauern, stehen die riesigen Betonbauten des Nordrhein-Westfälischen Gefängnisses in Geldern. Auf der Südmauer prangt das Wort „Sehnsucht“, aufgemalt in übermannshohen Großbuchstaben. In der Nähe vom Eingangsbereich hängen stilisierte T-Shirts mit verblassendem Aufdruck „Schuld“ an einer Wäscheleine. So sehen Außenstehende den Arbeitsplatz von Hans-Gerd Paus, von dem dieser sagt: „Ich fühle mich pudelwohl hier“.

„Wenn mein Urlaub zu Ende geht, denke ich immer: Wie schön, jetzt kann ich wieder in den Knast“. Pfarrer Hans-Gerd Paus hat jedoch keine dunkle Vergangenheit. Seit mittlerweile fast zehn Jahren arbeitet Paus als katholischer Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Geldern-Pont. 700 Männer, alles „schwere Jungs“ mit Strafen von mehr als zwei Jahren, sitzen in „seiner“ Haftanstalt ein, sie ist eine der größten in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Wiesen und Äckern, umgeben von hohen Mauern, stehen die riesigen Betonbauten dieses Gefängnisses. Auf der Südmauer prangt das Wort „Sehnsucht“, aufgemalt in übermannshohen Großbuchstaben. In der Nähe vom Eingangsbereich hängen stilisierte T-Shirts mit verblassendem Aufdruck „Schuld“ an einer Wäscheleine. So sehen Außenstehende den Arbeitsplatz des Geistlichen, von dem dieser sagt: „Ich fühle mich pudelwohl hier“.

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Meine Gemeinde ist nicht groß, aber intensiv“, erzählt der 59-jährige Priester, „hier findet wirklich Seelsorge statt“. Innerhalb von 25 Jahren Arbeit in der Gemeindepastoral haben bei ihm nicht so viele Frauen oder Männer geweint „wie hier in einer Woche“. Vor ihm sitzt nie der Mörder oder Vergewaltiger, vor dem man Angst haben müsste, sondern „oft ein Häufchen Elend“. Manch einer leidet extrem daran, „dass die Beziehung kaputt gegangen ist, dass er seine Kinder nicht sehen kann oder dass noch so viele Jahre im Knast vor ihm liegen“.

In seinem Büro, das ein bisschen wie ein Wohnzimmer anmutet, können Inhaftierte „so sein, wie sie sind“, brauchen nicht den starken Mann markieren. Im Gespräch mit dem einzelnen verurteilten Täter entdeckt der Geistliche den guten Kern: „Ich könnte Ihnen keinen hier hinsetzen, der nur böse ist“, wird Paus klar, „irgendwie sind alle auch Opfer“. „Viele Inhaftierte sind durch ihre eigene Tat traumatisiert“, beobachtet der Geistliche, „sie haben riesige Schuldgefühle“.

Seine Aufgabe ist es, vor allem zuzuhören, Mut zuzusprechen und Perspektiven aufzuzeigen. So hilft Paus bei der Aufarbeitung der Tat, bereitet Kontaktaufnahmen mit Opfern vor oder unterstützt in akuten Krisen. Für manche ist der Pfarrer der einzige, mit denen der Häftling noch spricht: „Viele haben keinen Kontakt mehr zu ihren Angehörigen“. „Mir geht es hier nicht darum, zu missionieren“, stellt Paus klar. Wichtig ist ihm vielmehr, jeden in seiner Lebenssituation ernst zu nehmen und auf die jeweiligen Bedürfnisse angemessen zu reagieren. „Wenn man hier nicht authentisch ist, geht man unter“, davon ist der Geistliche überzeugt. Signalisiert aber ein Inhaftierter Interesse am christlichen Glauben, erzählt Paus ihm gerne: „Sie haben ganz gute Chancen: Der erste, dem im neuen Testament das Paradies versprochen wurde, war der Verbrecher am Kreuz neben Jesus“.

Alle 14 Tage feiert er zusammen mit jeweils rund 100 Inhaftierten in der Gefängniskapelle einen Gottesdienst. Hinzu kommen „ganz viele individuelle Gebetsstunden, Beichten und persönliche Gottesdienste“, die sich aus den seelsorgerischen Gesprächen ergeben. Regelmäßig mehrfach im Jahr kommt es dazu, dass einzelne der Männer sich „am Ende eines jeweils intensiven Glaubensweges“ taufen lassen: „Das sind besonders schöne Momente in meiner Arbeit“. Alles in Allem sieht Paus die Arbeit mit den Männern im Knast als „unglaublich erfüllende Aufgabe“, die er gegen keine andere seelsorgerische Tätigkeit eintauschen möchte. Dankbar sagt er schmunzelnd: „Deshalb freue ich mich – anders als vielleicht manch anderer – auch auf das Ende eines Urlaubs“.

Westfälische Nachrichten

 

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