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Religionsfreiheit für Minderheiten im Gefängnis

12. April 2019

Von Ayala Goldmann. Jüdische Allgemeine.

Welche besonderen Bedürfnisse haben jüdische Soldaten und jüdische Häftlinge in Gefängnissen? Wie kann Religionsfreiheit in möglichst großem Ausmaß gewährleistet werden? Diesen Fragen widmet sich eine juristische Fachtagung. Organisiert wird die Veranstaltung von Berliner Studien zum Jüdischen Recht an der Humboldt‐Universität, dem Rabbinerseminar zu Berlin und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).

Rabbiner Joshua Spinner, Executive Vice President der Ronald Lauder Foundation und Vorstandsvorsitzender des Rabbinerseminars, sagte zur Begrüßung, glücklicherweise verbüßten nicht sehr viele Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland eine Haftstrafe. Auch gebe es keine große Zahl jüdischer Soldaten. Doch Religionsfreiheit im Gefängnis oder im Militär sei keine Frage der Anzahl der Betroffenen, sondern eine Grundsatzfrage, für die in einer Gesellschaft des Rechts Lösungen gefunden werden müssten.

Kaschrut – jüdische Speisegesetze (hebräisch כַּשְרוּת)

Soldaten und Strafgefangene hätten eines gemeinsam: Ihr Wohlergehen liege in der Verantwortung des Staates, erklärte Pinchas Goldschmidt, Oberrabbiner von Moskau und Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, in seinem Vortrag. Ein wichtiges Interesse praktizierender jüdischer Gefangener sei die Verpflegung mit koscherem Essen, ein weiteres die Einhaltung von Gebetszeiten und Feiertagen. Rücksicht müsse dabei auf verschiedene Gruppen genommen werden: „Es gibt säkulare, traditionelle, orthodoxe und streng religiöse Juden“, stellte Goldschmidt klar.

Rabbiner Julian‐Chaim Soussan, Gemeinderabbiner in Frankfurt/Main und Mitglied im Beirat der ORD, sprach über halachische Bedingungen, aber auch über Herausforderungen in der Praxis: Viele Bedienstete in Gefängnissen reagierten mit Unverständnis auf die Bedürfnisse jüdischer Gefangener. Oft würden diese Häftlinge auf „Halal“-Essen für muslimische Gefangene verwiesen. „Halal ist nicht dasselbe wie koscher“, stellte Soussan klar.

Kerzen und Gebetsriemen

Ein weiteres Problem sei, dass sich viele Gefangene nicht als jüdisch outen wollten. Zudem seien der Religionsfreiheit aus praktischen Gründen Grenzen gesetzt: Es stelle sich etwa die Frage, ob man Gefangenen überhaupt Gebetsriemen zur Verfügung stellen dürfe oder sie damit möglicher Selbstgefährdung aussetze. Auch das Anzünden von Kerzen könne im Gefängnis nicht überall erlaubt werden.

Zum Abschluss steht am Abend die Podiumsdiskussion „Religionsfreiheit im Justizvollzug und beim Militär – Handlungsbedarf und politische Hindernisse“ auf dem Programm. Moderiert wird die Diskussion von Daniel Botmann, dem Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland. Auf dem Podium sitzen Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Hellmut Königshaus, Präsident der Deutsch‐Israelischen Gesellschaft und ehemaliger Wehrbeauftragter des Bundestages, Aiman Mazyek, Vorstandsvorsitzender des Zentralrats der Muslime, die Leiterin der JVA Moabit, Anke Stein, und Jörg Antoine, Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin‐Brandenburg‐schlesische Oberlausitz.

Zuerst erschienen in Jüdische Allgemeine

 

2 Rückmeldungen

  1. 📚 sagt:

    Seit es Menschen gibt, suchen diese nach Sinnhaftigkeit und nach Erklärungen für vermeintlich unerklärliche Dinge (okkulte Praktiken, mit Toten sprechen, nichterklärbare und angeblich bezeugte Geschehnisse). Immer gab und gibt es Menschen und Institutionen, die behaupten, den „einzig richtigen Weg“ in diesem Leben gefunden zu haben, den Sinn des Lebens zu kennen und auch die Regeln zu wissen, denen man folgen sollte, um ja nicht vom „richtigen“ Weg ab zu weichen. Wenn diese „wissenden Menschen“ anderen durch ihr Tun Schaden zufügen, dann ist der Staat berechtigt über deren Machenschaften zu informieren, vor Gefahren zu warnen und einzuschreiten.

    Siehe auch nachfolgenden Auszug aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts:

    „Wenn die Bundesregierung im Rahmen ihrer vom Grundgesetz vorausgesetzten Aufgabenstellung einerseits zur Beobachtung, Vorsorge und Lenkung in besonderen gesellschaftlichen Teilbereichen verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 40, 287 <293>; 57, 1 <7 f.>) und wenn sie andererseits befugt und gehalten ist, diese Tätigkeit gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit darzustellen bzw. zu vertreten (vgl. BVerfGE 20, 56 <99 f.>; 44, 125 <1147 f.>; 63, 230 <242 f.>) , dann kommt ihr damit auch die Befugnis zu, in den Grenzen einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer verfassungsrechtlich eingeräumten Kompetenzen gegenüber der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen sowie Empfehlungen oder Warnungen auszusprechen. Einer besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf es hierfür nicht, zumal sich diese in einer einfachrechtlichen Ausformung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erschöpfen müsste, da – worauf in der angefochtenen Revisionsentscheidung zutreffend hingewiesen wird – eine detailliertere gesetzliche Regelung praktisch kaum möglich sein dürfte.“ (1 BvR 881/89 vom 15.8.1989)

    Nicht alles, was weltanschaulich propagiert wird, ist gefahrlos. So genannte Psychogruppen wie zum Beispiel TM (Transzendentale Meditation) oder Einzelpersonen (so genannte Meister oder Heiler/innen), okkulte oder satanistische Praktiken sind sektiererisch. Es ist möglich beim Ausstieg begleitende Hilfe zu erhalten.

  2. Tobias Claren sagt:

    Suizid ist jedem Menschen in Freiheit erlaubt, und das wurde auch noch mal durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Also muss das auch für Gefangene gelten. Das bedeutet, wenn ein Gefangener um Mittel zum Suizid bittet, hat die Leitung ihm/ihr diese zu beschaffen.

    Es gab mindestens einen Direktor eines bayrischen Gefängnisses, der seinen Gefangenen TV etc. verbot und nur von ihm ausgewählte Bücher anbot. Das ist natürlich kriminell, aber evtl. kommt ja eine Anstaltsleitung auf die Idee keine okkulten Praktiken, keine Beschwörungen/Anbetungen in ihrem Gefängnis zu wollen. Auch als Atheist und Antiesoteriker gibt es wissenschaftliche Belege für paranormale Phänomene.
    50 Jahre Forschung der Uni von Virginia mit ~4000 Fallstudien belegen die (selbst ausgesuchte) Reinkarnation. Tonbandstimmen-Versuche (ein streng wissenschaftlicher 1971) belegen „Geister“…

    Man kann also auch als Atheist begründet davon ausgehen das man mit solchen Praktiken verstorbene oder sogar Nichtmenschliche Entitäten anlockt, und diese auch Personal und andere Gefangene „stören“:

    Es gibt einen berühmten Fall in einem Gefängnis. Durch Direktor, Priester, Bedienstete, Vermieter, Sheriff etc. bezeugt. Donald Decker, genannt „Rainman“ hatte Freigang. War bei einer Feier seiner Familie. Da regnete es es im Haus, und zwar vom Boden zur Decke. Der gerufene Vermieter fand auch keinen Wasserrohrbruch etc. Was ja nicht das gleichmäßige Regnen entgegen der Schwerkraft erklären würde. Bezeugt von der gerufenen Polizei.
    Dann verließen sie das Haus, und er hielt sich in einem Diner auf. Dort schwebte er, und flog gegen eine Wand. Auch bezeugt.
    Dann ging es zurück ins Gefängnis, dort regnete es in der Zelle, inkl. anwesendem Priester, der betete. Scheinbar traf kein Tropfen die Bibel.

    Ein Beamter machte noch Witze ob er es nicht beim Direkter regnen lassen könne. Da flog wohl mindestens ein dicker Tropfen durch den Gang bis ins Büro des Direktor. Nein, das ist kein Film, das ist wirklich so passiert. Keine Halluzinationen. In dieser Form auch nicht möglich, egal was Psychologen für einen Blödsinn von „Massenhalluzinationen“ (ein Begriff, der in nicht einem Fall belegt wurde) schurbeln.

    Auch wenn dies theoretisch möglich ist, sollte JEDER Gefangene das Recht haben solche Praktiken auszuüben. Nicht ganz ausgeschlossen wären sogar Gefühlsveränderungen bis hin zur zeitweiligen Besessenheit einzelner Personen.

    Wenn die das verbieten wollen, erwarte ich ein Gericht, dass mit einem Urteil auch die Möglichkeit der realen Existenz der Phänomene als Begründung liefert…
    Da würden Sekten wie die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (GWUP) aber sofort gegen das Urteil und den Richter vorgehen 😉 .

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