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Mauerspringer der Hansestadt könnte auf JVA hinweisen

5. April 2022

Als Beitrag zum Langzeitprojekt „5 Tore / 5 Orte“ entlang der verlorenen Herforder Stadtmauer schuf der spanische Künstler Fernando Sánchez Castillo die Skulptur „Melilla Mauerspringer“. Sie wurde im Juni 2018 feierlich der Öffentlichkeit übergeben, nachdem 2010 bereits das erste Projekt eingeweiht wurde. Fünf durch eine Mauer verbundene Tore führten im Mittelalter in die Stadt Herford. Die Skulptur des Mauerspringers an der Werrebrücke könnte ein Hinweis auf die JVA Herford sein…

Von hier gelangte man auch auf den wichtigsten Verbindungsstraßen in die umliegenden Handelszentren der Hansestadt. Mit der Zeit verloren die Tore der historischen Stadt an Bedeutung, die Stadtmauern wurden zu eng und die Stadtgrenze verlagerte sich nach außen. Heute sind von den historischen Toren nur noch die Namen geblieben, an ihren Stellen finden sich Verkehrsknotenpunkte oder Brücken über den Fluss Werre. Hier sitzt er nun, der Mauerspringer.

Mauerspringer

Der Künstler hat die spanische Exklave Melilla an der nordafrikanischen Küste vor Augen. Hier flüchten tagtäglich Menschen und klettern auf meterhohe Zäune – auf der Suche nach einer neuen Heimat, einer sicheren Perspektive. Mit seiner Skulptur thematisiert Sánchez Castillo die Bedeutung von Grenzen, vom Dazugehören und Ausgeschlossensein. Der Titel spielt aber auch auf ein Kapitel der jüngeren deutschen Vergangenheit an, als mit Mauerspringer jene Personen bezeichnet wurden, die von der Westseite nach Ostberlin über die innerdeutsche Mauer kletterten — ein illegaler Grenzübertritt gegen die übliche Fluchtrichtung. Mauern zu überspringen aus einer JVA ist durch die Sicherung von Zäunen nahezu unmöglich.

Nicht zu findender Hinweis

Der Blick des Mauerspringers in luftiger Höhe könnte die auf den Schildern nicht zu findenden Hinweise in Richtung Herforder „Knast“ ersetzen, der in ca. 300 Meter Entfernung liegt. Allerdings muss man den Blick nach oben richten, um die Skulptur auf dem Laternenmasten überhaupt zu entdecken. Die Überwachungskamera ist auffallend. Sie nimmt für das Internet das Herforder Stadtbild auf. Es gibt in er gesamten Stadt kein einziges Hinweisschild auf die Justizvollzugsanstalt. Klinik, Polizei und Stadttheater sind auf den Schildern zu lesen. Manche Besucher finden die JVA nicht, weil diese in der Eimterstraße in einer Einbahnstraße liegt. Es kommt schon einmal vor, dass Besucher mit dem Navigationsgerät von der anderen Seite an die JVA gelenkt werden. Sie fahren entgegen der Fahrtrichtung. Die Justizvollzugsanstalt ist 1883 eröffnet worden. Sie gehört zum Stadtbild am Rande der historischen Hansestadt dazu. So wie ich die Skulptur nach 5 Jahren nicht wahrgenommen habe, ist das Gefängnis für manche Herforder „aus dem Blick“ genommen.

Michael King | JVA Herford

 

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