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Magdalenische Sehnsucht und veraltete Kirchenregeln

21. Juli 2019

Der Gedenktag der Schutzpatronin der Gefangenen, der Tag der heiligen Maria Magdalena (22. Juli) wurde durch Papst Franziskus in den Rang eines Festes erhoben. Mit dem neuen Sommer-Tonträger „Heartset Vibes“ („Aufs Herz gesetzte Stimmung“), möchten der ehrenamtliche Musiker der JVA Fulda, Addi Haas und der Gefängnisseelsorger Diakon Dr. Meins Coetsier mit ihrem Musikprojekt „Divine Concern“ (Göttliche Betroffenheit) nun die Frau ehren, die als erster Mensch – noch vor den männlichen Aposteln (und zukünftigen Märtyrern und Heiligen) – dem auferstanden Christus begegnete und seine Auferstehung bezeugte. Das Thema des Mini-Albums mit fünf Songs ist ‚Knast-Magdalenisch‘: Liebe, Leben in Freiheit und die Sehnsucht nach Veränderung!

„Leben ohne Liebe ist wie segeln ohne Segel.“ So lautet der Spruch auf dem Schildchen eines Yogi Tees, den Diakon Coetsier an einem Morgen in seinem Büro einem Gefangenen anbietet, während der Inhaftierte ein paar Griffe auf der Seelsorge-Gitarre einübt. Der Mann vertieft in sein Spiel, lehnt erstmal den heißen Knast-Tee ab. Trotzdem zeigt er sich im Gespräch bewusst, wie wichtig es in seinem Leben ist und was es ihm bedeutet, dass Menschen sich von Herzen um ihn und um einander kümmern. Ein Leben ohne Liebe, ohne Musik, kein Sommerflirt, ist kein Wohlfühlrezept für ein gesegnetes Miteinander. Manche Gefangene in der JVA Hünfeld und der JVA Fulda berichten tatsächlich, dass es vor allem während der Ferienzeiten eng wird, wenn es um liebevolle Zuneigung von ihrem Partner, ihrer Familie und ihren Angehörigen geht. Viele Inhaftierte warten auf Post, auf einen Anruf oder einfach auf ein Lebenszeichen.

Filmische Darstellung der Zuneigung Maria Magdalena zu Jesus und der Zeigefinger des gesetzestreuen Pharisäers.

Maria Magdalena – von Herz zu Herz

„Wir sind wahrscheinlich nicht die einzigen für die das unvorstellbar und sehr schmerzhaft ist, wenn die Liebe nachlässt“, sagt Haas. „Die Menschengeschichte hat uns auf unterschiedlichste Weisen gezeigt, dass durchaus viel Grauenhaftes die ehrliche und zwischenmenschliche Liebe zerschlagen kann.“ Die Liebe aber, ist für uns Menschen essentiell wie die Luft zum Atmen und das wird besonders klar hinter grauen Gefängnismauern. Systeme wie eine Justizvollzugsanstalt, eine Psychiatrie oder ein Altersheim, so wie ein Krankenhaus, eine Schule und sogar die Kirche, sie alle lieben nicht von sich selber heraus.

Dafür brauchen sie engagierte Menschen aus Fleisch und Blut mit großen Herzen, so wie die Begleiterin Jesu, Maria Magdalena, ihre bedingungslose Liebe lebte. Die Gebäude, das Gesetz, Traditionen und Regeln, sie sind nur der institutionelle Rahmen und die äußerlichen Bedingungen unserer Gesellschaft: eine staatlich-politische und demokratische Einfassung für das menschliche Zusammenleben. Die Liebe Gottes die Maria spürte, und von der der Heilige Apostel Paulus sagt, dass sie stärker als der Tot und ewiglich ist, fließt im Grunde nur von Herz zu Herz in der Begegnung.

Die deutsche Übersetzung der Eigenpräfation zum Fest der Heiligen Maria Magdalena wurde von den deutschsprachigen Bischofskonferenzen approbiert und von der vatikanischen Kongregation für den katholischen Gottesdienst und die Sakramentenordnung konfirmiert. Dies heißt in einfachen Worten: Sie ist nun endlich dabei! Es ist die kirchliche Bestätigung, dass der auferstandene Christus am Ostertag sich im Garten einer Frau die ihn so sehr vom Herzen geliebt hat, als erstes offenbart hat. Sie ist auserwählt und ausgezeichnet worden als „Apostelin der Apostel“ damit wir heute auf sie hören.

Weder alte Kirchenreglen noch gesezestreue Parteisoldaten

Im Licht des Festes der Apostelin Jesu fragen sich die Musiker von Divine Concern, ob die Liebe Gottes und Seine „Heartset Vibes“ mehr Chancen hätten, wenn der kirchliche Rahmen sich grundsätzlich anders strukturieren würde. „Ganz einfach aus dem Leben heraus, so wie Maria Magdalena es liebevoll tun würde,“ betont Diakon Coetsier. Würde sie nicht das, was zutiefst spirituell und menschlich ist, nämlich die Liebe und das Herz, zulassen in allem? Das heißt für die Kirche heute: verheiratete Priester, geweihte Frauen im Amt, Wiederverheiratete, geschiedene Seelsorger, ausgestiegene Mönche und kranke Priester in der Pfarrei, gleichgeschlechtliche Partner und gläubige Christen in Beziehung zu anderen Religionen. Warum? „Weil Gottes Barmherzigkeit nicht geringer ist als seine Macht!“, sagt Coetsier.

Der ehemalige niederländische Jesuit und jetzt verheiratete Diakon und Singer-Songwriter ist prophetisch klar: „Wir brauchen weder veraltete Kirchenregeln, die die Menschen kalt in ihren Herzen gefangen halten, noch lieblose ‚gesetzestreue‘ Parteisoldaten die Seelen verhaften. Wir brauchen aktive magdalenische Barmherzigkeit als Musik in Freiheit, mit mehr Liebe und mehr Herz für die Menschen in der Seelsorge. Nur dann offenbart der Auferstandene sich auch an uns: so wie Seine Nachfolge uns auffordert, als erstes bei denen an den Rändern, bei den Armen, den Gefangenen, bei den Kranken und den Bedürftigen, und letzten Endes auch bei den Menschen von gutem Willen vor Ort.“

 

Die Musik von Divine Concern ist zu hören und kann online downgeloaded werden bei u.a. Spotify, Amazon Musik, Apple Musik, GooglePlay, Youtube und Deezer.

 

 

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