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Es wird durchaus geweint, aber hinter verschlossener Tür

11. Januar 2021

Als katholischer Gefängnisseelsorger ist er seit 13 Jahren Ansprechpartner für Gefangene aller Nationalitäten und Religionen sowie für die JVA Bediensteten. Weihnachten und Silvester verbringt er in der Justizvollzugsanstalt. Die Inhaftierten brauchen ihn, denn er kennt ihre Nöte und Sorgen. Er weiß genau, wie die Feiertage im Gefängnis ablaufen. Er ist der Dekan für Gefängnisseelsorge in Baden-Württemberg und arbeitet im berüchtigten Gefängnis der JVA Bruchsal: Peter Holzer.

Zu Gast in der SWR Landesschau: Peter Holzer, Gefängnisseelsorger JVA Bruchsal

Als katholischer Seelsorger ist er seit 13 Jahren Ansprechpartner für Gefangene aller Nationalitäten und Religionen. Weihnachten und Silvester verbringt er in der JVA – er arbeitet nämlich durch. Die Insassen brauchen ihn, denn er kennt ihre Nöte und Sorgen. Er weiß genau, wie die Feiertage im Gefängnis sind.
Bis heute wurde die Anlage durch mehrere Erweiterungen so ergänzt, dass auf dem zehn Hektar großen Gelände über 600 Gefangene untergebracht werden können. Mit etwa 320 Personalstellen in den verschiedenen Laufbahnen des Vollzugsdienstes ist sie eine mittelgroße Anstalt. Sie ist nach wie vor männlichen Gefangenen vorbehalten, überwiegend solchen mit langen Freiheitsstrafen. Sie ermöglicht etwa 400 Inhaftierten das Arbeiten in eigenen Werkstätten. Eine Außenstelle befindet sich im etwa 10 km entfernten Schloss Kislau.

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In der Landesschau Baden-Württemberg der Gefängnisseelsorger via Skype aus der Justizvollzugsanstalt Bruchsal direkt ins Studio zugeschaltet. Genauer aus der dortigen Anstaltskirche. Diese Kirche wurde mit dem Gefängnis in den Jahren 1841 bis 1848 im „Männerzuchthaus“ errichtetet. Die Kirche befindet sich in der Kuppel des Zentralbaus. Das „Café Achteck“ bietet einen Gegensatz zur unweit gelegenen ehemaligen Barockresidenz der Bischöfe von Speyer. Wer den Film „Der Hauptmann von Köpenick“ kennt, weiß, wie dort der Schauspieler Heinz Rühmann in der fast baugleichen Kirche agiert. Die preußischen Bauten der Gefängnisse haben immer eine Kirche dieser Bauart. Die Gefangenen durften kein Kontakt untereinander aufbauen, daher das „Mönchsgestühl“ mit Abtrennungen wie in einem Kinosaal. Solch eine Kirche ist in Bautzen und Bruchsal erhalten geblieben.

Persönliche Besuche von Angehörigen sind im Corona-Lockdown nicht erlaubt. Zum Glück gibt es seit dem ersten Lockdown im „immerwährenden Lockdown des Knastes“ mit dem Internetbesuch. Hier können die Gefangenen mit ihren Angehörigen skypen – allerdings nur mit Termin. Damit sind die Männer wenigstens nicht von Informationen aus der Familie abgeschnitten. Er ist Ansprechpartner für alles und alle: von religiösen Fragen über Krisenintervention bis zum Liebeskummer. Er hält es mit Papst Franziskus, der sagt: Kirche muss an die Ränder gehen. Auch Peter Holzer geht an die Ränder. In der Landesschau erzählt er, wie er Weihnachten und Silvester mit den Gefangenen verbracht hat. Die Präsenzgottesdienste werden gefiert. Es ist ja ein Mann-Haushalt – sozusagen.

Prominente Häftlinge in der JVA Bruchsal waren Christian Klar, ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion, sowie Heinrich Pommerenke, ein deutscher Serienmörder. Er war dort in den Jahren von 1960 bis 2006 in Haft. Für Peter Holzer spielt es zuerst einmal keine Rolle, weshalb jemand inhaftiert ist. Ob „prominent“ oder nicht, er ist Seelsorger für die Gefangenen. „Es ist ein Einander-Herantasten“, sagt Holzer. Die Inhaftierten können sich zu einem Gespräch beim Seelsorger melden. „Da wird das eine oder andere Thema zur Schuld thematisiert“, erzählt der erfahrene Gefängnisseelsorger. „Ob es Aufarbeiten ist, mag ich nicht sagen. Es geht darum, einen Schritt in eine andere Richtung zu gehen. Es hat viele Facetten, wo Seelsorge unterstützen kann“, betont Holzer.  Dabei wird auch durchaus mal geweint. „Dies besonders aber dann hinter verschlossener Haftraumtür“, antwortet Holzer auf die Frage des Moderators.

Michael King

 

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