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Erschütternd und doch nicht überraschend

23. Januar 2022

Es kommt nicht überraschend, dass das Münchner Missbrauchsgutachten Wahrheiten schonungslos ans Licht bringt. Müssen erst Gutachten Abgründe hervorbringen, was das eigene Gewissen weiß und wissen müsste? Ein großer Teil der katholischen Christen ist schon weit weg von den Vollzügen der Kirche. Da nutzen alle Entschuldigungen Verantwortlicher nichts. Die festgefahrenen Strukturen und die Doppelmoral der Katholischen Kirche führen zu weiteren Konsequenzen. Der Synodale Prozess ändert daran nichts.

Das Ausmaß sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Geistliche im Erzbistum München-Freising macht wütend. Immer wieder neu. Und wieder einmal äußert ein Bischof seine Erschütterung. Eine Entschuldigung folgt. Erschütternd ebenso ist das Verhalten der Verantwortlichen – nicht zuletzt von Benedikt XVI. So viele Seiten die Aufdeckung von den Machenschaften durch „Hochwürden“. Das alles still ausgestanden und schön im Dunkel gehalten? Es ist grauenhaft. Wir wissen  bereits seit Jahren davon. Dass die Strukturen der Katholische Kirche Missbrauch an Kindern begünstigt, vielleicht sie regelrecht hervorbringt. Nach außen hin die feinen Männer mit Kalkleiste, die vorgeben, nur für Gott da zu sein. Inwieweit wird Sexualität im Priesterseminar thematisiert?

Als MitarbeiterInnen, als Priester und „LaientheologInnen“ dieser Kirche in staatlichen Einrichtungen, schlägt uns ein eiskalter Wind entgegen. Wie soll man da noch auf  Gefängnisseelsorge vertrauen können? Der Sumpf, die Verschleierungen, die Abgründe, die klerikale Arroganz sind hinlänglich bekannt. Niemand wird ernsthaft geglaubt haben, das Gutachten würde harmlos sein. Dass dann doch ein emeritierter Papst, der als unfehlbar gilt und der Wahrheit verpflichtet ist, nichts davon weiß? Er habe an dieser Sitzung nicht teilgenommen… Ich denke an die Opfer von Grenzverletzungen körperlicher und geistlicher Art.

Im Kindergarten wurde mir von einer Ordensschwester Gewalt angedroht, weil ich angeblich einen Schlüssel abgebrochen habe. Bei der Beichte als Kommunionkind sollte ich das beichten und 5 Rosenkränze beten. Heute kommt es mir wie Hohn vor. Als in der Gefängnisseelsorge Tätige haben wir mit Tätern zu tun. Hier hören GefängnisseelsorgerInnen immer wieder Beteuerungen und das Kleinreden dessen, was rechtmäßig Verurteilte Menschen angetan haben. Man hört wenig im Knast von den Missbrauchsskandalen in der Kirche. Vielleicht weil sie aufgrund eigener Problematik an diesen Auseinandersetzungen nicht interessiert sind?

Man nutzt Gefängnisseelsorge vor Ort, ist froh, ein offenes Ohr zu haben. Welche Kirchen-Streitthemen gerade diskutiert werden, ist hinter den Mauern nicht wirklich gefragt. Eigene existenzielle Themen beschäftigen die Gefangenen. Schade nur, dass das Netzwerk „Kirche“ in vielen Fällen nicht für ehemalige Inhaftierte verfügbar ist. Vor Ort ist dies auf jeden Fall gegeben. Mit kantigen Originalen an GefängnisseelsorgerInnen, die auf der Suche nach Alternativen in einem in Misskredit geratenem System. Auf ein Schuldeingeständnis und der formellen Übernahme von Verantwortung sollen persönliche Konsequenzen und Reformen folgen – darauf wird man wohl vergeblich warten. Ebenso auf tiefgreifende Reformen der theologischen Lehre und Struktur. Zu groß ist die Angst, die Kirche wird gespalten. Was sie ja schon ist. Marx hätte in all der Wirklichkeit einen anderen Blick bekommen. Diese neue Senisbiltät hilft niemanden weiter. Aber wie reagieren? Vielleicht wäre eine Trauerzeit nötig, die Kirche inTrauerflor kleiden und alle Gottesdienste ausfallen lassen?

King

 

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