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Alleinsein an Weihnachten ist Seelsorgern nicht fremd

19. Dezember 2019

Richard Willburger im Interview mit dem Bayrischen Fernsehen. © BR.

Richard Willburger arbeitet als Gefängnisseelsorger in der bayrischen Justizvollzugsanstalt in Aichach – auch am Heiligen Abend. Gerade die Weihnachtszeit ist für die Gefangenen besonders schwer. Wie ist es für ihn, Weihnachten im Gefängnis zu verbringen? 341 Frauen und 112 Männer sitzen aktuell in der JVA Aichach im Gefängnis. Sie sitzen ein wegen Internet-Betrügereien, Diebstahl und Raub, aber auch wegen Mord.

Nicht nur die Christen unter ihnen – jeder, der möchte, kann mit dem Gefängnisseelsorger das Gespräch suchen. „Meine Gespräche sind anstrengend. Es tauchen viele Emotionen bei den Gefangenen auf“, sagt Willburger. Weihnachten ist für viele Inhaftierte eine schwierige Zeit. Gerade in der dunklen Jahreszeit im Advent würden sie häufiger an früher denken, an all das, was sie sich immer gewünscht hätten und was nie war, erzählt der Seelsorger: „Sie sehnen sich nach einem schönen Weihnachtsfest und nach Frieden. An Weihnachten merken sie dann doch stark, dass sie auf der Schattenseite sitzen“. Licht ins Dunkel bringen – gemäß der weihnachtlichen Botschaft.

Film der Reihe „Stationen“. Mit freundlicher Genehmigung: BR Fernsehen.

Richard Willburger lebt mit seiner Frau im Allgäu, zu weit entfernt von der JVA Aichach, um zu pendeln. Unter der Woche lebt er deshalb in einer kleinen Wohnung in der Nähe des Gefängnisses. Beim Gottesdienst am Heiligen Abend ist er für die Inhaftierten da. Für ihn sei Weihnachten durch die Erfahrung mit den Menschen im Gefängnis noch tiefer geworden, sagt der Pastoralreferent: „Es ist die weihnachtliche Botschaft, das Licht in die Finsternis zu bringen. In der Finsternis da zu sein. Man kann die Finsternis nicht künstlich erhellen – dann ist die Dunkelheit nicht weg. Advent ist die Botschaft, auf das zu warten, wo etwas entsteht an innerem Licht.“

Willburger bekommt viel mit von den Inhaftierten, sie vertrauen ihm sehr viel an. Ihm ist es wichtig, das an Gott übergeben zu können. Es hilft ihm, an der Orgel zu spielen und die Stille und die besondere Atmosphäre in der großen Gefängniskirche zu spüren, um sich wieder auf sich selbst besinnen zu können: „Es ist wichtig, auch immer wieder den Kontakt zu spüren, was in einem selber ist. Das eigene Leben. Dieser Gott in mir selber.“ Erst am späten Abend oder am nächsten Tag wird er mit seiner Familie feiern können.

Er kennt die Einsamkeit der Gefangenen. Sie hat auch seinen Blick geprägt. Weihnachten ist für ihn längst nicht mehr nur das stimmungsvolle Familienfest: „Das Alleinsein wird man immer wieder spüren. Das merke ich abends, wenn ich heimkomme, in meine Wohnung. Das merken auch andere Leute, dass wir allein sind, aber es ist möglich, an dem Vertrauen zu arbeiten und auch in sich hineinzuschauen, und vielleicht immer mehr zu spüren, Gott ist da.“

Mediathek BR Fernsehen “Stationen“

 

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