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Beeindruckt von den Projekten in Adelsheim

28. Juli 2019

Sehr beeindruckt von gleich mehreren vorgestellten Projekten, die in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim (JVA) im Jugendvollzug praktiziert werden, zeigte sich der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf bei seinem Besuch in der größten Strafanstalt für junge Männer in Baden-Württemberg. Neben dem Minister mit seinem Stab nahmen auch Vertreter der Baden-Württemberg-Stiftung mit Geschäftsführer Christoph Dahl an der Spitze sowie mehrere Bedienstete der JVA mit Anstaltsleiterin Katja Fritsche an dem Meeting und regen Gedankenaustausch in den JVA-Räumen in Adelsheim teil.

Die JVA-Leiterin erfuhr dabei von den Gästen große Anerkennung für ihren Mut und ihre Kreativität, neue Dinge in der Haftanstalt auszuprobieren. Katja Fritsche hat ein Leitmotiv, nach dem sie ihr Planen und Handeln ausrichtet. Und das heißt: „Wie können wir den Jugendstrafvollzug so gestalten, dass die jungen Männer Verantwortung für sich und ihr Verhalten übernehmen und ihr Leben hinterher möglichst positiv gestalten?“ Um dies mit Leben zu erfüllen hat sie eine Vielzahl von Projekten eingeführt, die zumindest zum Teil für einen Knast doch eher ungewöhnlich sind.

Hier ein paar ausgewählte und beim Meeting vorgestellte JVA-Projekte:

Psychologe Arne Ringsletter, der seit 2004 in der JVA Adelsheim arbeitet, erläuterte den Gästen aus Stuttgart unter dem Schlagwort „Eine andere Idee vom Sein miteinander“ den Versuch, bei der Umsetzung von Erziehungsmaßnahmen weitgehend ohne Sanktionen auszukommen. Dies vor dem Hintergrund, der die JVA vor fünf Jahren in negative Schlagzeilen geraten ließ. Seinerzeit war es innerhalb der Gefängnismauern zu einer Massenschlägerei gekommen, bei der JVA-Bedienstete schwer verletzt wurden.

In einem der E Häuser wird Wohngruppenvollzug konzipiert und praktiziert.

Sozialarbeiterin Kristina Holderbach von der JVA Adelsheim erläuterte das besondere Hafthaus mit dem Namen „E1“. Der Unterschied zwischen dem E1 und den anderen Hafthäusern wird schon auf den ersten Blick deutlich, denn hier leben nicht durchschnittlich 48 Inhaftierte, sondern maximal 30. „Wohngruppenvollzug“ heißt im juristischen Jargon, was im Hafthaus E1 praktiziert wird.

Praktisch bedeutet das: intensivere Betreuung durch mehr Personal, soziales Lernen in der Gruppe sowie Beteiligung der jungen Männer an Entscheidungen. Seit dem Jahr 2015 wird hier das ehrgeizige Konzept der sogenannten fördernden Wohngruppe für Inhaftierte zwischen 15 und 21 Jahren in die Tat umgesetzt. Zweimal in der Woche gibt es ein Gruppenprojekt. Gut angenommen werde auch die Kooperation mit dem Tierheim in Dallau. Die unmittelbar mit der Situation konfrontierten JVA-Mitarbeiter sagen, dass sie die Erfolge förmlich spüren könnten. Die im E1 lebenden Inhaftierten seien weniger gewaltbereit und deutlich motivierter. Die Atmosphäre im Haus sei allgemein entspannter, der Umgang freundlicher.

Aber genau dort – bei den ersten Erfolgen – möchte man in der Adelsheimer Haftanstalt nicht aufhören. Katja Fritsche: „Uns ist klar, dass der Übergang vom Knast in das normale Leben heikel ist. wenn einer in seine Clique zurück kommt, gerät er schnell wieder in alte Verhaltensmuster. Aus diesem Grund gehen wir noch einen Schritt weiter und haben im E1 einen Integrationsbeauftragten eingestellt, der genau in dieser Zeit unterstützend tätig werden soll“. Neben dem beispielhaften Arbeiten im E1 gibt es in der Adelsheimer Haftanstalt aber noch viele weitere aktuell laufende Projekte, wie Opfer-Empathie-Training, Theaterprojekte. Fitness- und Powertraining oder Anti-Gewalt-Training. Seit 2017 läuft das für drei Jahre – ebenfalls von der Baden-Württemberg Stiftung finanzierte – Projekt „Recreation“

Das jüngste „Kind“ der Projekte in der JVA Adelsheim trägt den Titel „Theater hinter Gittern“, das im Frühjahr in Adelsheim begonnen wurde. Auch dies finanziert von der Baden-Württemberg- Stiftung über einen Zeitraum von zwei Jahren. Das „Theater hinter Gittern“ läuft in Kooperation mit dem Theater Konstanz. Seit einigen Monaten kommen jeden Mittwoch Theaterpädagogen ins Gefängnis und studier(t)en mit 15 jungen Inhaftierten Shakespeares „Macbeth“ ein, das in diesen Tagen eine erfolgreiche Uraufführung feiern durfte.

Die JVA Adelsheim im Norden Baden-Württemberg gelegen ist 1974 in Betrieb genommen worden.

Justizminister Guido Wolf unterstrich, dass die Ausstattung einer Haftanstalt zwar die primäre Aufgabe seines Ministeriums sei, aber natürlich gebe es neben der Pflicht auch eine Kür. Und die werde in Adelsheim erfolgreich mit Leben erfüllt. Den jungen Menschen, die in einer schwierigen Phase einen schweren Fehler begangen hätten, würde hier eine neue Chance gegeben. Es sei aber nicht nur für sie eine gute Sache, sondern auch für die gesamte Gesellschaft, denn von den erfolgreich erzogenen Straftätern gehe keine Gefahr mehr aus. „Damit setzt die Adelsheimer Haftanstalt ein deutliches Signal der Nachhaltigkeit, das allen zugute kommt“, betonte Wolf anerkennend.

Geschäftsführer Christoph Dahl von der Baden-Württemberg-Stiftung lobte zum Ende des Meetings grundsätzlich die fruchtbare und effektive Zusammenarbeit zwischen Justizministerium, JVA Adelsheim und seiner Stiftung: „Es ist ein sehr kooperatives und erfolgreiches Zusammenwirken. Bei einer solchen Basis investieren wir hier gerne!“ Katja Fritsche gab das Kompliment gerne zurück und bedankte sich für die Förderung durch die Baden-Württemberg-Stiftung, die der JVA Spielräume für Neues ermögliche, die man mit Freude für die produktive Arbeit mit den Gefangenen nutze.

Joachim Casel  Rhein-Neckar Zeitung | Fotos: Justiz BW

 

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